Aus der Balance

Liebe Lucille,

danke für deine Antwort. Ja, ich schreibe gerne - es gehört zu meinen Vorlieben. Und Klarheit ist mir sehr wichtig. Die finde ich im Schreiben oft leichter als im Reden und das war schon immer so.
Ich habe im Laufe des heutigen Tages festgestellt, dass es nicht ganz der "klassische Fall" ist - Mutter will Sohn nicht loslassen. Jetzt wirklich ganz abgesehen von mir, gefällt es mir nicht, dass er einfach seinen Willen durchsetzt - und zwar gegen seine Frau, von der ich weiß, sie will das alles nicht.

Er war von klein auf ziemlich egozentrisch und ich denke, ihm ist das nicht bewusst. Wenn ich mich in seine Frau hinein versetze, kann ich zwar gut verstehen, in welchem Konflikt sie innerlich steht, aber ich wäre wohl an ihrer Stelle nicht mit gegangen.

Sie ist noch jung - 28 Jahre alt - und sie hat eine Menge Altlasten im Gepäck, die nicht aufgearbeitet sind. Ihr ist es praktisch unmöglich, deutlich zu sagen: Ich will das nicht, ich bleibe hier. Sie hat viel mehr Angst davor, irgendwann einmal als die Schuldige dazustehen, die seine tolle Karriere verhindert hat. Ich finde, das ist in gewissem Sinn emotionale Erpressung, wenn auch nicht direkt. Und das gefällt mir nicht, ganz egal, ob es auch mich betrifft oder nicht.

In so einem Fall müssten meiner Meinung nach die Wünsche beider gleichwertig da stehen. Tun sie aber nicht, denn sie hat die Angst, ihm etwas zu verpatzen, während er keine Angst hat, ihr etwas zu verpatzen. Sie hat lange gebraucht, um gut deutsch zu sprechen und sie hat hier zumindest einen kleinen Freundeskreis aufgebaut. Sie ist im Grunde eine starke Frau, die sich in einem fremden Land eingelebt hat - aber eben voller Altlasten und längst nicht so selbstbewusst wie mein Sohn.

Und sie hat die Hauptlast zu tragen, wenn die Kleine sich dort schlecht einlebt. Was sie unheimlich belasten wird, denn sie jobbt jetzt endlich wieder in Teilzeit und sie sagte, das wäre für sie so unheimlich wichtig, weil sie einfach nicht der Typ sei, eines Mannes Anhängsel zu sein. Sie hat sich auch schon sehr gefreut auf die neue Wohnung, die sie im Sommer hier beziehen wollten und die ich ihnen mitfinanziert habe, weil die jetzige einfach miserabel ist. Vor allem für das Kind.

Ich glaube, mir fällt langsam auf, dass es nicht in allererster Linie alleine darum geht, dass ich mit dem Alleinsein zurecht kommen muss, sondern darum, dass ich zum ersten Mal deutlich ausspreche, wie egoistisch ich meinen Sohn finde und schon immer gefunden habe.

Damit rücke ich wohl vom idealen Mutterbild ziemlich ab, aber damit verstehe ich auch meine Wut nun besser...

Liebe Grüße
Elena
 
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@Reinfriede: nein, eine Familienaufstellung will ich nicht mehr machen. Ich habe schon so viel Selbsterfahrung hinter mir, dass mir die Lust dazu fehlt - es kann auch manchmal zu viel sein.

Ob mein Sohn die Last seines Vaters trägt, kann ich nicht sagen. Was meinst du damit genau?

Liebe Elena!

Das ist jetzt für mich ein wenig schwierig zu erklären, weil Du - was ich verstehe - von Familienaufstellungen im Moment nichts wissen möchtest.

Ich versuchs trotzdem, in Kurzform:

Es kann vorkommen, dass Kinder die Idee eines ihrer Vorfahren (in dem Fall des Vaters) "tragen" möchten, im Sinne von nachleben. Das geschieht häufig auch dann, wenn durch diese Idee jemand zu Schaden kam. In Eurem Fall wäre das die Karrieresucht des Vaters, die Euch das Leben schwer gemacht hatte.

Darum auch meine Frage bezüglich Deiner Familie, ob Du Dich in einer Rolle, in einer "Idee" wiederfindest, die eine Deiner Vorfahren gelebt hatte.

Und bei Familienaufstellungen kann man diese ans Licht und dadurch Lösungsprozesse in Gang bringen.

Aber das war nur ein Vorschlag, ich kann gut nachfühlen, dass Du das jetzt nicht möchtest.

Zu Deinem Sohn: Hast Du hintergründig Angst, dass sich Eure Geschichte wiederholen könnte?

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Hallo und guten Abend, liebe Elena

ich möchte Dich auch ersteinmal willkommen heißen !
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Daß Du nach so einer Nachricht erstmal am Boden zerstört bist, kann ich gut nachvollziehen, da ich auch alleinerziehend bin.

Aber glaube mir, diese 4 jahre werden mit Sicherheit wie im Fluge vergehen, wie schnell geht die Zeit um !

Es könnte auch eine Chance für Dich bergen, Dich in dieser Zeit neuen Projekten zu widmen, selbst wenn Du in Pension gehst, kannst Du es Dir gutgehen lassen, wohlwissend mit dem Gefühl, Deine kleine Familie in den USA zu besuchen, mit ihnen zu telefonieren oder schreiben zu können !
Sie sind in Deinem Herzen verankert, auch wenn sie woanders leben !

Schau mal, was Du in der Vergangenheit geschafft hast, das ist einzigartig, Du hast Dich und Deinen Sohn durchgekämpft , hast Dir ein neues Leben aufgebaut !

Und nun ist Dein Sohn an der Reihe sich eine Zukunft für seine Frau und seine Tochter aufzubauen !
Es wird Dich mit Sicherheit mit großem Stolz erfüllen, zu sehen, welche Eigenschaften Dein Sohn zeigt, um seiner Aufgabe gerecht zu werden !

Er wird bestimmt immer und jederzeit das Gefühl bei Dir haben, daß Du auch jetzt noch für ihn und seine Familie da bist !

Menschen, die man im Herzen trägt, sind nie ganz weg, auch wenn die große Distanz zwischen Euch ist !

Es gibt bestimmt etwas, was Du mal ausprobieren möchtest und Dir sonst die Zeit gefehlt hat.
Such Dir etwas neues, was Dir guttut und Dir Lebensfreude zurückbringt !

Auch Du hast Du nur ein Leben !!!!


Viele liebe Grüße und alles Gute,


Silence
 
Liebe Reinfriede,

ich habe keine "Angst", dass sich eine Geschichte wiederholen könnte. Denn das ist dann sein Problem und Gott sei Dank nicht mehr mein persönliches. Ich denke einfach, er hat auch die Gene seines Vaters und ist sehr, sehr ehrgeizig. Und er ist eben auch ein Mann.

Unsere Trennung damals war auch auf unterschiedlichen Werten begründet. Mir waren Menschen das Wichtigste, ihm seine Karriere. Mag sein, das taucht nun wieder auf, aber er ist ja auch sein Sohn. Sie haben starke Ähnlichkeit miteinander - sowohl vom Aussehen her als auch vom Charakter. Mein Sohn ist aber um einiges herzlicher als sein Vater, der introvertierter und kälter/unlebendiger wirkt, aber hochbegabt ist er mit Sicherheit auch. Und wiederum viel einzelgängerischer als mein Sohn. Er ist übrigens auch ohne Vater aufgewachsen und konnte sich nie mit der Vaterrolle richtig anfreunden.

Mein Sohn wiederum liebt seine Tochter über alles und verbringt sehr viel Zeit mit ihr. Sie hat auch eine sehr enge Beziehung zu ihm, wenn auch eine noch engere zu ihrer Mutter. Er ist ein Familien- und Beziehungsmensch.

Aber das Analysieren bringt jetzt nicht so viel, es ändert ja nichts an den Tatsachen. Ich werde damit klar kommen müssen und seine Frau noch mehr.

Liebe Grüße
Elena
 
Ach, Silence - so einfach ist das nicht. Ich bin ja nicht an meinem Sohn geklebt und habe mir schon bisher das aufgetan, was mir möglich war.

Aber mir ist sehr bewusst, dass ich nur ein Leben - eben dieses - habe. Und daher möchte ich auch nicht zukünftig in Depressionen hängen bleiben. Ich will und muss auf meine eigene Stärke zurück greifen. Die ist ja da, das weiß ich. Doch bin ich auch kein Übermensch und muss das alles erst mal verkraften.

Auf jeden Fall hilft es mir sehr, hier schreiben zu dürfen und so viel Anteilnahme zu finden!! Das tut einfach ganz, ganz gut, um zu neuer Klarheit zu finden. Noch einmal ein Dankeschön an jeden einzelnen, der mir antwortet.

Liebe Grüße
Elena
 
Liebe Elena,

ja, das Schreiben war - und ist - mir in schwierigen Lagen stets ein Bedürfnis. Wenn ich etwas aufschreibe, das mich bedrückt oder quält, gebe ich meinen Gefühlen Ausdruck und meinen Gedanken Worte, die ich nicht auszusprechen vermag.

Irgendwie ist das, als würde ich einen Einkaufszettel schreiben, damit ich im Supermarkt nicht alles vergessen habe.

Es ist einfach leichter für mich.

Daß du mit "Familienstellen" nichts anfangen kannst, kann ich gut nachvollziehen. Das wäre auch nichts für mich.

Aber vielleicht hilft es dir ein wenig, hier deinen Gedanken freien Raum zu geben. Vielleicht bekommst du durch die Antworten nicht nur ein wenig Zuspruch und Trost, sondern auch den ein oder anderen Ansatz, den du brauchst um deinem Leben eine neue Richtung zu geben, oder auch nur um etwas Klarheit zu finden.

Das wünsche ich dir von ganzem Herzen.

Verbunden mit einem dicken Kraftpaket sende ich dir
 
Liebe Clara,

das hast du gut getroffen mit dem 'Einkaufszettel'. So ähnlich geht es mir auch mit dem Schreiben.
Richtige Ratschläge brauche ich jedoch nicht, die kann man, wie ich finde, niemandem geben. Ich habe ein langes Leben hinter mir und meine seelische Struktur kennt ja niemand so gut wie ich. Was hilft, ist Zuhören, sich ausdrücken dürfen, verstanden werden.
Denn Ratschläge sind immer das, was einem selber helfen würde. Das muss noch lange nicht für jemand anderen richtig sein. Es gibt keine allgemein gültigen Rezepte dafür, mit einer Sache umzugehen, dazu müssten alle Menschen gleich sein und die gleiche Geschichte haben.

Impulse, die helfen, kann es jedoch schon fallweise geben, aber das Wichtigste ist und bleibt doch die Auseinandersetzung mit dem Thema und das nicht nur im stillen Kämmerlein für sich, weil man sich damit oft nur im Kreise dreht.

Danke fürs 'Kraftpaket' - das kann ich brauchen!

Liebe Grüße
Elena
 
Liebe Reinfriede,
ich habe keine "Angst", dass sich eine Geschichte wiederholen könnte. Denn das ist dann sein Problem und Gott sei Dank nicht mehr mein persönliches. Ich denke einfach, er hat auch die Gene seines Vaters und ist sehr, sehr ehrgeizig. Und er ist eben auch ein Mann.
Unsere Trennung damals war auch auf unterschiedlichen Werten begründet. Mir waren Menschen das Wichtigste, ihm seine Karriere. Mag sein, das taucht nun wieder auf, aber er ist ja auch sein Sohn. Sie haben starke Ähnlichkeit miteinander - sowohl vom Aussehen her als auch vom Charakter. Mein Sohn ist aber um einiges herzlicher als sein Vater, der introvertierter und kälter/unlebendiger wirkt, aber hochbegabt ist er mit Sicherheit auch. Und wiederum viel einzelgängerischer als mein Sohn. Er ist übrigens auch ohne Vater aufgewachsen und konnte sich nie mit der Vaterrolle richtig anfreunden.
Mein Sohn wiederum liebt seine Tochter über alles und verbringt sehr viel Zeit mit ihr. Sie hat auch eine sehr enge Beziehung zu ihm, wenn auch eine noch engere zu ihrer Mutter. Er ist ein Familien- und Beziehungsmensch.
Aber das Analysieren bringt jetzt nicht so viel, es ändert ja nichts an den Tatsachen. Ich werde damit klar kommen müssen und seine Frau noch mehr.
Liebe Grüße
Elena
Es ist zwar an Reinfriede gerichtet, aber ich antworte mal trotzdem. Ich habe mir deine Beiträge nochmals durchgelesen und mir kam auch der Gedanke einer Familienaufstellung.
Elena schrieb:
Er hat es natürlich erlebt, dass sein Vater weg ging, als er drei Jahre alt war, aber da die beiden nie eine enge Beziehung hatten und er ein absolutes Mutterkind war, hat ihn das nie gestört.
So ist das nicht gemeint. Er weiß ja auch nicht, wie es mit Vater gewesen wäre.
Es geht nicht ums analysieren, es geht um wahrnehmen, wie es ist. Ich denke schon, dass es auch mit dein Problem ist, nicht nur das deines Sohnes. Und jetzt auch das deiner Enkeltochter und auch deiner Schwiegertochter. Familienstellen ist natürlich nicht jedermanns Sache, das ist klar. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht, deshalb bin ich natürlich begeistert davon.
Leider können wir uns unsere Ahnen nicht aussuchen (oder doch?).
Elena schrieb:
...Er ist vom Wesen her meiner Mutter sehr, sehr ähnlich und das hat mich noch einmal eine Menge Kraft gekostet. Mir war klar, wie immens wichtig es für ihn war, dass ich mich ihm nicht unterworfen habe, denn meine Mutter ist mit einer recht schwachen eigenen Mutter (auch ohne Vater) aufgewachsen... Er ist übrigens auch ohne Vater aufgewachsen und konnte sich nie mit der Vaterrolle richtig anfreunden..
...die Geschichte wiederholt sich ständig...
 
Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht, deshalb bin ich natürlich begeistert davon.

Liebe Eberesche,

das bedeutet aber längst nicht, dass alle anderen damit auch gut Erfahrungen machen und begeistert sind. Ich habe kein Interesse an solchen Dingen, schon gar nicht an Ahnengeschichten, noch weniger an Esoterik. Jeder muss das tun, was ihm richtig erscheint, das ist das Wichtigste. Und das spürt man meistens ohnehin sehr gut.

Liebe Grüße
Elena
 
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Denn Ratschläge sind immer das, was einem selber helfen würde. Das muss noch lange nicht für jemand anderen richtig sein. Es gibt keine allgemein gültigen Rezepte dafür, mit einer Sache umzugehen, dazu müssten alle Menschen gleich sein und die gleiche Geschichte haben.


Liebe Grüße
Elena

Da stimm ich Dir zu.

Du hast z.b. in einem anderen Beitrag geschrieben, dass es Dir jetzt lieber ist, wenn Du nicht zur Arbeit musst.

Bei mir wars genau umgekehrt. Als ich total aus der Balance war (nach dem Tod meines Sohnes) saß ich jeden Morgen am Bett und dachte mir: "Springst Du heute vom Kirchturm oder erst morgen? OK, einen Tag versuchst Du´s noch..."
So ging das Monate lang. Aufstehen, ins Bad gehen, Maske auf (im wahrsten Sinn des Wortes
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), und ab in die Arbeit. Dieses Korsett hat mich am Leben gehalten, zuhause wäre ich wahrscheinlich in Mitleid versunken, hätte mich zu Tode gesoffen oder sonst was in der Art.
Bis ich eines Tages beschlossen habe, ich will LEBEN, und das aber dann so, dass es diesem Begriff auch gerecht wird. Nicht nur vegetieren.

Dieser Weg ist mühsam, aber er lohnt sich. Doch den passenden - gilt jetzt für Lebenskrisen aller Art wie z.b. auch Scheidungen usw. - muß jeder für sich selbst finden.

Alles Liebe
Sandy
 
Liebe Sandy,

ja - ich weiß, dass etliche darin Halt finden, ihren Alltag einfach fortzusetzen. Ich bin da ganz anders, ich muss mich intensiv sofort damit auseinander setzen, zuerst einmal meine Gefühle zulassen, die mich sonst zerreißen würden. Und da wäre nichts mit Fassade, die könnte ich nicht eine Minute lang halten. Bei mir muss alles sofort raus, raus und noch einmal raus. Erst dann setzt es sich langsam.

Das heißt nicht, dass nicht wieder eine Welle kommen kann, wo es mir ähnlich geht, aber fürs Erste spüre ich dann mal eine Erleichterung und stehe nicht mehr so unter Druck.

Lange Zeit wusste ich nicht, was mir gut tut und habe auch - bis zum buchstäblichen Umfallen - versucht, die Fassade zu halten. Was dazu geführt hat, dass ich komplett zusammen gebrochen bin und so fertig war, dass ich mich kaum erholen konnte. Heute ist das schon sehr viel anders, weil ich mich viel besser kenne und weiß, was mir gut tut.
Vor allem ist der Schmerz weit weniger langwierig, wenn ich ihn gleich annehme bzw. alles, was spontan raus will. Hört sich ein bisschen nach "italienischer Mentalität" an
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, wenn ich mir das jetzt noch einmal durch lese, aber es hilft mir wirklich immens. Aufzustauen bringt mich fast um.

Und wirklich schlechte Erfahrungen habe ich damit nie gemacht. Die meisten verstehen das und abgesehen davon, lasse ich da ohnehin nur Menschen an mich heran, wo ein gewisses Vertrauensverhältnis besteht. Je weniger nahe mir jemand steht, umso länger muss ich mich mal von denen zurück ziehen. Wenn ich dann einiges verarbeitet habe, kann ich auch ihnen gegenüber offen sein, aber vorher möchte ich das nicht, das würde nicht passen.
Und Fassade kommt, wie gesagt, für mich nicht mehr in Frage, dazu agiere ich zu authentisch.

Liebe Grüße
Elena
 
Hallo ihr,

ich möchte nur mitteilen, dass es mir nun viel, viel besser geht. Der erste Schock ist verdaut und ich kann nun das Positive auch sehen. Meine Gefühle spielen nicht mehr Achterbahn und die Herausforderung, mit der neuen Situation gut umzugehen, empfinde ich als neue Lern- und Entwicklungschance.

Vormittags hatte ich ein langes Telefonat mit meinem Sohn, das gut getan hat und wo wir beide sehr ehrlich waren. Das war ich immer zu ihm und er schätzt das auch sehr. Umgekehrt war auch er sehr offen und das schätze wiederum ich.

Abends war ich fast 1,5 Stunden bei der Logotherapeutin, zu der ich vor kurzem zum Coaching ging und redete mir noch mehr von der Seele. Auch das hat mir sehr, sehr gut getan und als ich wieder zu Hause war, telefonierte ich noch mit zwei Freundinnen, die sehr einfühlsam sind und die ich sehr mag. Alles in allem ist es nun so, dass ich mich gar nicht mehr traurig fühle, sondern mehr aufgeregt, was da auf uns alle zukommen wird. Trotzdem bleibe ich noch morgen und übermorgen zu Hause und werde nicht ins Büro fahren. Die Zeit brauche ich einfach, um mit mir selbst zu sein und innerlich noch mehr zur Ruhe zu kommen.

Die zwei Kollegen, mit denen ich telefoniert habe und denen ich auch gesagt habe, warum ich diese Auszeit brauche, haben es voll und ganz verstanden und waren sehr nett.

Mir ist heute sehr bewusst geworden, dass ich längst nicht mehr da stehe, wo ich vor etlichen Jahren stand und Verluste mich völlig aus der Bahn warfen. Es hat sich sehr ausgezahlt, diesen schwierigen Entwicklungsweg, den ich hinter mir habe, anzunehmen. Die innere Basis ist stabiler geworden als ich dachte.

So zum Drüberstreuen und um mir selbst eine Freude zu machen, war ich nach dem Gespräch mit der Therapeutin noch in einem Buchladen und habe mir einen entzückenden Geburtstagskalender von Rosina Wachtmeister gekauft, deren Bilder mir schon immer sehr gut gefallen haben. Ich glaube, ich habe tatsächlich gelernt, für mich zu sorgen und viele alte destruktive Muster komplett abgelegt.

Auf jeden Fall aber hat mir euer Feedback sehr geholfen. Ich fühlte mich hier wirklich mitfühlend und offen aufgenommen. Danke!

Liebe Grüße
Elena
 
Ach Du, das ist ja toll! Unter Deiner tiefen Verzweiflung hat man ja von Anfang an Deine Kraft gespürt und Deinen Willen, aktiv zu werden. Es freut mich total, dass Dir das so schnell gelungen ist und ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass es so gut weitergeht. Auf alle Fälle bist Du auf dem richtigen Weg!

Rosina Wachtmeister liebe ich auch! Ihre Bilder sind so fröhlich, die Farben sind schön, beim Betrachten geht einem das Herz auf. Erst kürzlich habe ich entdeckt, dass es von ihr alles mögliche gibt - von Fußmatten bis zu Bettwäsche.

Alles Liebe Dir,
ElliB
 
Liebe ElliB,

natürlich heißt das jetzt nicht, dass ich zur Tagesordnung übergehen werde und locker-lustig mit allem umgehen kann. So ist es ganz bestimmtn nicht. Das wird mir schon noch einiges abverlangen und es wird auch wieder schlimme Tage und Zeiten geben.
Aber mich freut zumindest, dass es kein Dauertief auslöst und mich trostlose Gedanken oder Stimmungen so überwältigen, dass ich mich total hängen lasse.
Es ist und bleibt eine schwierige Situation - wer will schon ganz alleine leben und gar keine Familie mehr um sich haben? Ich will das genau so wenig wie andere. Und ohne Partnerschaft ist das noch um einiges schwerer.

Aber - es ist eben so und es ist das einzige Leben, das ich habe. Wie ich damit umgehe, liegt in meiner Hand. Jedenfalls ziehen mich keine negativen Gedanken runter, sondern, wenn es mir schlecht geht, sind es Gefühle der Trauer oder vielleicht mal auch von Einsamkeit. Da ich diese aber nicht verhindern kann, werde ich mit ihnen leben. Gefühle sind ja nicht statisch, sie kommen, wollen ausgelebt werden und sind dann wieder vorüber.

Die größte Gefahr (der ich früher auch erlegen bin, weil ich es nicht besser konnte), ist, dass man sich zusätzlich zu den Gefühlen, die man ja nicht ausschalten kann, noch selbst mit völlig negativen Gedanken belastet und damit das Positive, das es auch gibt, ausblendet.
D.h. nicht, dass man "positiv denken" sollte, indem man sich gegen schmerzhafte Gefühle wendet, die nun mal da sind, denn das ist nur Selbstbetrug und bleibt an der Oberfläche und lässt einem den Kontakt zu sich selbst verlieren. Aber genau so verkehrt ist das "negative Denken".

Liebe Grüße
Elena
 
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Liebe Elena,

es freut mich, dass Du so gut sortiert mit Deinen Gedanken und Gefühlen kommunizieren kannst. Du hast offenbar die Fähigkeit, das eine vom anderen klar zu trennen. Da steckt tatsächlich viel Arbeit an sich selbst dahinter.

Elena
Die größte Gefahr (der ich früher auch erlegen bin, weil ich es nicht besser konnte), ist, dass man sich zusätzlich zu den Gefühlen, die man ja nicht ausschalten kann, noch selbst mit völlig negativen Gedanken belastet und damit das Positive, das es auch gibt, ausblendet.

So ist es.
Die schlechten Gefühle haben eine Sog-Wirkung, der auch das objektiv Gute zum Opfer fällt.

Noch ein paar Gedanken zu den Sorgen, die Du Dir um Deine Enkelin (wie alt ist sie denn?) machst:

Auch wenn Auslandsaufenthalte eine Bereicherung darstellen, so wird oft die emotionale Komponente übersehen. Als ich 12 Jahre alt war, hat mein Vater, wegen der Herausforderung und des guten Verdienstes, eine Position angenommen, die mit einigen großen Ortswechseln verbunden war. Ich habe es damals jedesmal als persönliche Katastrophe empfunden, mein Umfeld und vorallem meine Freundschaften aufgeben zu müssen. Mir ist das Heimat-Gefühl gänzlich abgekommen, da ich nie wusste, wo wir die nächsten Jahre verbringen würden, ich fühlte mich sehr orientierungslos. Diesen Erfahrungen schreibe ich heute noch meine Angst vor Veränderungen zu.

Meine Mutter meint immer, andere Kinder/Jugendliche hätten kein Problem damit, ich sei halt ein übersensibler Einzelfall ;)

Ich würde so ein Leben meinen Kindern als Langzeitperspektive jedenfalls nicht zumuten wollen. Wenn es sich aber um einen vorher definierten Zeitraum handelt, wie bei Deinem Sohn, dann stellt es sich wohl leichter und für Deine Enkelin auch zumutbar dar.

Deine Gedanken die Schwiegertochter betreffend kann ich verstehen. Aber die Verantwortung für ihre Entscheidung darfst Du getrost bei ihr lassen. Auch wenn sie nicht mitgehen würde, hätte das seinen Preis.

LG
Lucille
 
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