Ent-Schuld-igung

...
Meine Mutter liebte ihre Opferrolle. Sie war praktisch nur auf die Welt gekommen um sich für andere Leute zu "auf-zu-opfern"...
Hm, unsere Mütter sind so erzogen...ich bin auch so erzogen, habe es aber vielleicht noch rechtzeitig bemerkt :).

Ich kaufe mir fast nur Sachen, die ich nicht bügeln muss :whistle: . Leider tragen unsere beiden Kleinen sooooooooo gerne Kleider, die so niedlich aussehen....aber immer gebügelt werden müssen, und mein Mann beruflich bedingt halt Hemden. Ich habe letztes Jahr eine Dampfbügelstation bekommen....da macht das Bügeln richtig Freude und geht mind. 4 x so schnell...
 
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Hallo,

mein Mann ist Informatiker und hat viel Kundenkontakte. Da trägt er halt täglich den feinsten Zwirn.
Doch mir macht das Bügeln der Hemden nix aus. Ich könnte sie auch in eine Wäscherei geben. Doch ehrlich, ich bügle ganz gerne. Ich habe das früher sogar mal beruflich gemacht.

Wißt ihr, wenn man jahrelang krank war, sind die altäglichen Arbeiten plötzlich von enormen Wert, wenn man sie wieder tun kann.
 
Doch mir macht das Bügeln der Hemden nix aus. Ich könnte sie auch in eine Wäscherei geben. Doch ehrlich, ich bügle ganz gerne. Ich habe das früher sogar mal beruflich gemacht.

Ich kenne auch eine Frau, die meint, das Bügeln sei ihre liebste Hausarbeit. Ich kanns nicht verstehen, aber Gusto und Ohrfeigen sind ja bekannlich verschieden.;)

Vielleicht, wenn meine Kids mal draussen sind und ich die Muße dazu habe, wer weiss - vielleicht gefällt mir das Bügeln dann auch (wieder). Vor den Kindern hatte mir das nämlich auch nichts ausgemacht, das kam erst mit dem Kinderchaos (und meinem damaligen Mann, der mir eine Unmenge an Hemden zum Bügeln bescherte).:cool:

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Ihr Lieben,

gestern sah ich im Fernsehen einen Bericht.

Darin sprach eine Holocaustüberlebende von ihrem Leben nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager.

Ganz am Ende ihres erschütternden Berichts sagte sie leise, mit gebrochener Stimme:"Es wäre so schön gewesen, wenn ich einmal ein 'Verzeih mir' von einem der vielen Leute gehört hätte, die weggeschaut haben, als man mich abholte. Ich hätte ihm meine Hand gereicht und seine Entschuldigung angenommen. So wäre es für mich einfacher gewesen."

Sie meinte damit nicht die Nazis, die sie quälten. Denen konnte und wollte sie nicht verzeihen. Sie meinte ihre Nachbarn, die zusahen, wie sie an den Haaren die Treppen hinunter auf die Straße geschleift wurde.
 
bügeln ist mir die liebste Hausarbeit ... :p

*mich oute* ... ich bügel auch ganz gern, man kann dabei so schön seinen Gedanken nachhängen, weil das Gehirn
nicht anderweitig beansprucht wird.
Speziell beim Hemden-Bügeln konnte ich meinen Perfektionismus richtig ausleben ... oh Gott, waren das Zeiten :cool:

Heute hab ich's eher mit dem Fensterputzen :D
.
 
Clara Clayton
Leute ... die weggeschaut haben.
Ich hätte ihm meine Hand gereicht und seine Entschuldigung angenommen

Liebe Clara,

ein sehr sensibles Thema ... ich habe mich oft mit meiner Mutter darüber unterhalten und verstehe auch ihren
Blickwinkel aus der Zeit heraus. Auch die, die weggeschaut haben, hatten meist keine andere Option, wollten sie,
ihre Familien und Kinder nicht ähnlich der Opfer ebenfalls zu Opfern werden.
Es muss so unvorstellbar grausam gewesen sein.

Ich glaube, keiner, der weggeschaut hat, konnte das moralisch für sich selbst wirklich vertreten.
Auch diese Menschen tragen ihre seelische Last ein Leben lang.
Um Verzeihung bitten wird der Verfehlung nicht gerecht, finde ich.

LG
Lucille
 
Liebe Clara!

Ich denke, keiner, der nicht in dieser Zeit gelebt hat, kann das wirklich ermessen, wie schrecklich das alles gewesen sein muss und wie sehr das Menschen bzw. ihre Seelen vernichtet hat, was damals an Greueltaten passierte.

Ich sehe z.B. die Auswirkungen heute, Generationen später, noch an einer engen Freundin von mir, die ich bereits aus Kindertagen kenne. Ihre Mutter war die einzige Überlebende in ihrer Familie, alle Verwandten kamen im KZ um, ihre Eltern, ihre Geschwister, ihre Großeltern.

Meine Freundin blieb kinderlos, das unbennenbare Gefühl, "falsch" zu sein und das womöglich weiterzugeben, begleitete sie ihr Leben lang. Ihre Mutter, um sie (als ihr einziges Kind) zu schützen, behandelte die Tatsache ihrer eigenen Abstammung als unheilvolles Geheimnis, über das außerhalb ihrer Familie niemals gesprochen werden durfte - zu groß war die Angst, dass ihr Kind jemals verfolgt werden könnte, dass diese Zeiten sich jemals wiederholen könnten.

Sie sagt selbst, wenn sie einmal stirbt, stirbt mit ihr eine vormals Riesenfamilie. Es gibt niemanden, der übriggeblieben ist.

Die Auswirkungen dieser Zeit und dieser unmenschlichen Taten können in Wahrheit gar nicht ermessen werden, sie sind überall.

Und ich bin froh, in dieser Zeit nicht gelebt zu haben. Die Gefahr, sich schuldig zu machen, war extrem groß. Mein Großvater hatte das Glück, "nur" im Gefängnis zu landen, weil er Juden rettete. Er flüchtete zuerst, daraufhin wurde meine Großmutter von der SS verhört. Sie erlitt bei dem "Verhör" eine Totgeburt ihres 8. Kindes, mein Großvater starb relativ jung an den Folgen des Gefängnisaufenthaltes.

Was richtig und was falsch war, das bestimmte das Regime. Ich glaube, wir heute können überhaupt nicht ermessen, warum und wieso Menschen damals so oder anders reagiert haben, wir waren nicht in ihrer Situation.

Ein bereits verstorbener Bekannter von mir, der diese Zeit auf der "anderen Seite" miterlebt hatte, hatte es mir mit einem ganz einfachen Satz erklärt:

"Wenns um das blanke Überleben Deiner eigenen Kinder geht, dann hebst Du für jeden die Hand."

Es ist verdammt schwierig oder bessergesagt unmöglich für mich, da auch nur ansatzweise zu urteilen, ich kann nur sagen, dass ich dankbar bin, nicht in der Haut dieser Menschen gesteckt zu haben, auf keiner der beiden Seiten. Ich wollte weder Opfer noch Täter sein in dieser Zeit.

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Liebe Lucille,

Meinen Kindern habe ich ganz klar vermittelt, dass es meinerseits ein Verhalten gab, das mir sehr Leid tut - aber ich explizit
nicht möchte, dass sie versuchen, zu verzeihen. Das fühlt sich auch für mich ausgewogener und ehrlicher an. Und für sie auch, glaube ich.

so wie mir das mit dem Verzeihen erklärt wurde, geht es darum, das man selbst den Groll gegen den anderen nicht mehr mitschleppt. Dieses Verzeihen kann auch etwas sein, das der andere gar nicht mitbekommt. Etwas, das ich nur für mich selbst mache - damit ich es nicht mehr mit mir herumschleppen und mein Leben damit belasten muss. Und somit bleibt auch die Frage von Herablassung, Erhöhung oder Augenhöhe oder was auch immer komplett außen vor.

Nach dieser Sichtweise hättest Du Deinen Kindern vermittelt, es wäre Dir recht, wenn sie ihr ganzes Leben diesen Fehler von Dir nicht verzeihen, und statt dessen ihr ganzes Leben diesen Groll gegen Dich mitnehmen. Wäre es Dir nicht auch lieber, sie können sich irgendwann von der Geschichte befreien und sie hinter sich lassen?

Wenn sie Dir verzeihen, sobald ihnen danach ist, dann müssen sie das nicht mehr weiter mitnehmen - und wenn Du Dir selbst irgendwann verzeihen kannst, musst Du es auch nicht weiter mitnehmen.

Warum soll es den Rest Euer aller Leben bestimmen?

lg
B.
 
In meinem Bericht ging es mir nur um die Frau, die so viel mitgemacht hat und gerne bereit wäre jemandem die Hand zu reichen, weil es auch für SIE wichtig wäre zu verzeihen.

Die Leute, die während der Nazizeit weggeschaut haben, sind mir da egal. Ich kann verstehen, daß sie so handelten wie sie handelten. Ich bin froh, in dieser Zeit nicht gelebt zu haben, wäre ich doch sicher nicht besser gewesen.

Ich komme aus einer Gegend, in der das "Lied der Moorsoldaten" geschrieben wurde. Vielleicht ist es dem ein oder anderen hier ein Begriff.

In meiner Jugendzeit habe ich sehr viele Geschichten vom Wegsehen aus Selbstschutz gehört. Aber ich kenne auch andere Berichte. Geschichten von Menschen, die nicht weggeschaut und sich getraut haben . Und das versöhnt mich ein wenig mit meiner Heimatstadt.
 
Liebe Bachstelze,

vielen Dank für Deine Gedanken!

Das Thema ist für mich schwierig und mit vielen Emotionen behaftet.
Bevor ich hier antworte, möchte ich über Deine Worte nachdenken.

Einen lieben Weihnachtsgruß,
Lucille
 
Hi ChrisTina!

seh ich anders - ein "verzeih mir" verlangt etwas von mir - was auch immer
ich muss etwas tun - dafür, dass mich ein anderer vorher verletzt hatte
er will meine absolution - im endeffekt sind wir wieder dort - ich soll sein verhalten ent.schuldigen - ich soll ihm verzeihen

dem gegenüber ist ein "es tut mir leid" - ohne anschliessender forderung - eine feststellung, die möglicherweise sogar aus dem herzen kommt - wenns ehrlich gemeint ist - und sie verlangt von dem, der vorher verletzt wurde - nicht jetzt auch noch eine aktive handlung

Das sehe ich nicht ganz so.
Erstmal gehe ich davon aus, dass ein Mensch das tut was er eben tut, weil er es in dem Moment richtig findet.
Wie kommt es dann dazu, dass eine Entschuldigung gefordert wird? Offenbar ist da doch ein Konflikt entstanden, indem das was der eine Mensch richtig findet, dem anderen Menschen nicht gefällt, bzw. dessen Erwartungen nicht erfüllt.

Dann gäbe es die Möglichkeit, darüber zu reden und sich zu erklären - nämlich warum man das tut was man tut, oder warum einem das nicht gefällt. Mit dem Ergebnis, sich besser zu verstehen.

Oder es gibt die Möglichkeit, eine Entschuldigung zu fordern. Entschuldigen muss jemand sich aber nur dann, wenn man ihn bereits schuldig gesprochen hat. Man hat also nicht nur Erwartungen an den anderen, sondern man hat sich auch die Macht und das Recht genommen, den anderen schuldig zu sprechen, sofern er diese Erwartungen nicht erfüllt. Man hat den anderen Menschen seiner Souveränität beraubt - er darf nicht mehr das tun was er selber für richtig hält, sondern er muss das tun was man von ihm erwartet, und muss befürchten schuldig zu sein falls es ihm dabei nicht gelingt die gestellten Ansprüche zu erfüllen.

Zu verdeutlichen "wenn du nicht das tust was ich will, dann bin ich verletzt und du bist schuld daran" ist ein Machtinstrument, eine Art der Erpressung.

Und dann schlimmer noch - wenn ein Mensch darum bittet, entschuldigt zu werden, dann hat er ja die Kröte offensichtlich bereits geschluckt, hat sich selbst aufgegeben und sich in die Fremdbestimmung gefügt, hat akzeptiert dass der Andere Macht über ihn ausübt und sich das Recht nimmt ihn schuldig zu sprechen falls er dessen Ansprüche nicht erfüllt!

Bevor jemand um Entschuldigung bittet, muss man ihn erstmal schuldig gesprochen haben, muss man ihm klargemacht haben dass er, so wie er ist, nicht okay ist - dass er nur dann okay ist, wenn er die fremden Erwartungen erfüllt. Man muss, kurzum, Macht über ihn ausüben.

ein "verzeih mir" verlangt etwas von mir - was auch immer
ich muss etwas tun - dafür, dass mich ein anderer vorher verletzt hatte
er will meine absolution

Richtig, du musst etwas tun - und zwar dafür dass du vom Anderen forderst dass er deine Erwartungen erfüllt, und das Recht beanspruchst verletzt zu sein wenn er das nicht tut. Dass du überhaupt Absolution erteilen kannst bedeutet dass der Andere dir unterworfen ist und du Macht über ihn hast - dass er nicht das tun darf was er will sondern das tun muss was du erwartest - und im Falle des Mißlingens schuldig ist und der Absolution bedarf.
Es ist der Preis der Macht, dass man sie auch ausfüllen muss: wenn man dem anderen schon seine Souveränität nimmt, dann darf man ihm auch die Absolution nicht verweigern.

Überhaupt, wenn ich mir das so überlege - dann sind Entschuldigungen doch eigentlich soetwas wie eine Währung, mit der Beziehungen gehandelt werden die auf Machtspielchen beruhen...
 
Ja, das sehe ich im Prinzip auch so.

Allerdings gehe bei einer "Entschuldigung" und einem "Verzeih mir" nicht von einem Machtspiel aus, sondern um einen, auf Augenhöhe geschlossenes, Abkommen.

Um es mal ganz krass auszudrücken: ich entschuldige mich bei jemanden, weil ich ihm Schmerzen und Leid zugefügt habe, er nimmt meine Entschuldigung an, weil er mir verzeiht. Das ist großmütig.

Ansonsten überlege ich bevor ich handele. Und ich entschuldige mich nicht für Nichtigkeiten. Und das verlange ich auch niemanden ab.
 
Hallo Clara!

Allerdings gehe bei einer "Entschuldigung" und einem "Verzeih mir" nicht von einem Machtspiel aus, sondern um einen, auf Augenhöhe geschlossenes, Abkommen.

Das Ding ist halt leider schon in der Kindererziehung recht verbreitet - wenn du nicht tust was ich will dann hab ich dich nicht lieb, und dann musst du dich erst entschuldigen damit ich dich wieder lieb hab. Es ist eigentlich grober Unfug, weils nix mit Liebe zu tun hat - aber es scheint so zu funktionieren - und dann isses oft so verinnerlicht und wird als Muster weitergespielt.

Abgesehen davon, in jeder menschlichen Begegnung spielen irgendwelche Erwartungen mit, oft sind sie unausgesprochen oder sogar unbewusst - und dann ist diese "Augenhöhe" doch eher ein frommer Wunsch, oder?

Um es mal ganz krass auszudrücken: ich entschuldige mich bei jemanden, weil ich ihm Schmerzen und Leid zugefügt habe, er nimmt meine Entschuldigung an, weil er mir verzeiht. Das ist großmütig.

Das ist dann was anderes! Wenn ich erfahre dass sich jemand durch mich verletzt fühlt (sei es nun aus Gedankenlosigkeit oder Unwissenheit oder sonstwie), und ich nicht will dass derjenige sich verletzt fühlt, dann entschuldige ich mich aus eigenem Wollen - dann ist da kein Anspruch gestellt und kein Deal dabei.

Und es gibt auch noch nen anderen Aspekt dabei: wie man mit seinen eigenen Ansprüchen umgeht. Man hat ja selber Einfluss darauf, wodurch man sich verletzt fühlt - d.h. was man für Erwartungen hat. Und die Lösung muss da nicht so aussehen dass man zurücksteckt und sich bescheidet - sie kann auch so aussehen dass man den Anderen in seinem Denken und Handeln und seinen Interessen besser zu verstehen lernt (da sollten natürlich beide mitmachen), und auf die Weise Erwartungskonflikte verringert.

lg
 
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Hallo sovio,

da ich so nicht erzogen wurde, nehme ich eine Entschuldigung auch nicht als Phrase. Mich nervt der leichtfertige Umgang(schrieb ich ja auch). Da sehe ich auch keinen Unterschied zwischen einem "tut mir leid" und "Entschuldige".

Aber darum ging es doch in diesem (eigentlich) Thread auch nicht, dachte ich.
 
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