@Christoph: bzgl. klein werden den Eltern gegenüber

spiraltribe

Active Member
Registriert
18 März 2004
Beiträge
41
Hierforums hab ich folgendes von dir gelesen:

Ich habe es an anderer Stelle schon einmal gesagt: egal, was die Eltern ihrem Kind angetan haben - eine Lösung gibt es erst, wenn sie geleibt sind. Erst dann werden sie sich nach meiner Erfahrung als Eltern mit Verantwortung erleben können. Erst wenn der Betroffene klein wird und als Kind zu ihnen kommt - kleiner und hilfloser in seinem Schmerz. dann werden sie weich und die Liebe kann fließen. das geht aber nur jenseits des Vorwurfs und der öffentlichen Verunglimpfung.

Diese Aussage hat mich nachdenklich gemacht.

Ich denke, ich verstehe was du meinst. In Bezug auf andere Menschen hab ich nun schon oft die Erfahrung machen dürfen, wenn ich meinen Schmerz zeigte, wurde auch dementsprechend reagiert. Dann, wenn ich blind, nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung, vorgegangen bin, wurde alles nur noch schlimmer.

Aber, was ist, wenn Elter(n) als eine potentielle Bedrohung wahrgenommen wird? Wenn "klein machen" sich ausliefern bedeutet? Und Kind damit rechnet, das sich ausliefern Gefahr bedeutet, möglicherweise Zerstörung?
Kind war seinen Eltern gegenüber schon mindestens einmal klein. Kleiner und hilfloser als im Mutterleib, als Neugeborenes, als Kind kann man ja gar nicht sein. Zumindest bis zur ödipalen Phase werden die Eltern vom Kind einfach nur geliebt, egal was sie machen. Nicht in Frage gestellt.

In Hendrik`s Fall war seine Mutter für ihn jedoch die größte Bedrohung seiner Existenz.

Ich möchte ein Erlebnis schildern.

Mein Sohn kam per Not-Kaiserschnitt zur Welt. Da alles schnell gehen mußte, in Vollnarkose. Nach einer Entbindung mit Vollnarkose wird das Kind für eine gewissen Zeitraum auf der Neonatologie zur Beobachtung aufgenommen, um einen ev. Narkose-Rückfall rechtzeitig erkennen zu können. D.h. unmittelbar nach der OP (ca. 20 Uhr) bekam ich meinen Sohn in Begleitung seines Vaters, er wirkte friedlich,ausgeglichen, zufrieden. Als mein Mann nach Hause ging(gegangen wurde) hat er Minimundus für die Nacht auf die Neo gebracht.

Am näxten Tag gegen Mittag wurde er wieder zu mir gebracht. Er war fertig. Am Ende. Nix mehr mit ausgeglichen, in Frieden. Er hatte überall rote Flecken und ich sah einfach, das er vollkommen verzweifelt war. Er hat die ganze Nacht gebrüllt (nach seiner Mutter?!) hat gespieben(lt. Schülerin, die ihn mir gebracht hat)

Obwohl ich nicht so eine innige Beziehung zu ihm hatte, wie ich es mir gewünscht hätte (vielleicht durch die Vollnarkose-Kaiserschnitt-Entbindung, er war mir praktisch fremd) sagte ich ihm in Gedanken probehalber mal "ich liebe Dich" und siehe da: er blühte richtiggehend auf, es war, als ob ihn ein Sonnenstrahl gestreift hätte. Neugierig wie ich war, mußte ich das natürlich gleich noch mal probieren. Wieder der selbe effekt. So päppelte ich ihn mit ganz vielen "Ich liebe Dich`s" auf.

Ein anderes Beispiel: Hin und wieder bin ich einfach ungeduldig oder werde grantig, wenn Filius wieder mal ein Spielzeug findet oder schafft, mit dem ich gar keine Freude habe.(Z.B. Joghurtglas am Boden zerschmettern, Joghurt mit Glasstückerln drin schlecken und damit malen) Sehr selten aber doch werde ich wirklich wütend. Ich würde niemals Gewalt anwenden. Aber offenbar löst alleine meine Wut(die sich maximal verbal äussert) regelrechte Existenzängste bei ihm aus. Zumindest lese ich das in seinen Augen, seiner Mimik. Da braucht es keine wie auch immer geartete Handlung in die Richtung. Wenn ich wirklich ganz ganz ganz wütend bin, gehe ich lieber kurz aus dem Zimmer, als eine unbedachte Handlung zu machen, GSD war dies in Bezug auf Sohnemann noch nie not-wendig.

To cut a long story short - ich bin davon überzeugt, das selbst ein Ungeborenes mitkriegt, ob Elter es beschützen oder vernichten möchte. Jedes Kind bringt einmal von Haus aus absolutes Vertrauen, Liebe mit. Und es dauert sehr lange, bis dieses Urvertrauen zerstört ist, aber wenn es zerstört ist, dann hat es wohl seinen guten Grund, warum es versucht, sich aus der "kleinheit" zu lösen. warum es seinen Eltern gegenüber nicht mehr klein sein kann.

Ich bin emotional ziemlich aufgewühlt, hoffe, mich klar ausgedrückt zu haben (obwohl ich selbst total verwirrt bin) und hoffe, das trotz meiner emotionalen Aufgewühltheit ein ruhiges Gespräch über dieses Thema möglich ist.

Ich bitte prophylaktisch um Nachsicht, wenn ich "hochgehe" und darum, mich auf genau diesen Umstand zu verweisen.

Danke

vlg
andrea
 
Werbung:
andrea ich finde was du sagst ganz normal.
(meine tochter ist 22, sohn 20 jahre)
man liebt seine kinder, auch regt man sich über sie auf, wenn sie unsere nerven strapzieren.wir setzten ihnen regeln, was oft von den kindern als NICHTliebe erkannt wird.

wenn man NUR sein kind "überliebt" (erfundenes wort von mir) würden wir es nicht mehr lieben, weil zur liebe auch erziehung, regeln, ja auch "bestrafung"
(betrafung ist für mich schon stubenarest, diskoverbot....)gehören.

es ist erst mal ganz klar, zur gesunden entwicklung eines menschen gehört ein geborgen sein, ein geliebt werden, ein wissen wo hin. als kind besonders.

ABER ich empfinde auch aus mir raus, es ist auch etwas ganz normales, das man sich als herran wachsender mensch von der kind-eoltern verbindung löst.

als erwachsener verläßt man die schützende umhüllung der eltern.

der mensch der das nicht kann, ist in meinem augen nicht gewachsen, hat keine persönlichkeitsentwicklung.

oft liest man, (auch oft hier) das erwachsene menschen, die in einem alter sind , wo sie schon selbst die beschützende rolle der eltern übernehmen sollten und könnten, nach geborgenheit der eigenen eltern schreien.

ja, ok, das sind meist menschen die sagen nicht genug liebe in der kindheit bekommen zu haben.

ich weiß nicht ob echt ein zusammenhang besteht, wenn mangelnde liebe in der kindheit vorhanden, das der mensch dann nicht erwachsen werden kann???

darum verwundert es mich immer wieder wenn von therapeuten den betroffenen geraten wird, in die kindheit zurück zu kehren, sich als schutzbedürftiges hilfloses wesen den eltern anzupreisen.(daher ist christophs satz für mich auch bissel komisch)

meiner meinung wäre wichtiger ohne zurück als hilfloses kind, lieber den erwachsen menschen als diesen zu stärken.

hilfe im hier und jetzt.
 
ich finde das Suchen der Geborgenheit der Eltern und selbst als Eltern Geborgenheit zu geben schließt sich nicht gegenseitig aus.

Manchmal kommt es doch auch noch als erwachsener Mensch vor, daß man die Nestwärme der Eltern braucht, gerade auch in schwierigen Situationen. Einfach da sein und umsorgt werden. Das kann sowas kleines und schönes wie eine Zusammenkunft am Wochenende zum gemeinsamen Mittagessen sein. Auch das ist für mich schon ein Schlüpfen in die elterliche Geborgenheit. Auch wenn sie einem nicht viel von den eigenen Problemen abnehmen können und man selten auch mit ihnen wirklich drüber reden kann, so hilft doch einfach nur das anwesend sein.

Zumindest hab ich das so empfunden.

Was das angeht, was Andrea sagte. Das ist ein schwieriger Aspekt. Doch erst wenn man gelernt hat Verständnis aufzubringen für die Vorgehensweise der Eltern, erst wenn man die Hintergründe des Handelns erkannt hat und versucht zu verstehen, wenn man sich fragt, wie man selber in dieser Situation gehandelt hätte, erst dann kann man in Frieden mit seinem Inneren kommen.

Im Grunde ist das was Christoph sagt nichts anderes, als daß man mit Hilfe des Verständnisses für die Eltern oder einen Elternteil mit sich und seinem Inneren in Frieden kommt. Für mich bedeutet das allerdings nicht automatisch, daß man dann gleich in Friede Freude Eierkuchen zur Tagesordnung übergeht und mit eventuell noch lebenden Elternteilen dann engsten Kontakt pflegt. Nur halt den inneren seelischen Frieden für sich selbst findet.

Denn wir zerstören uns selbst mit Haßgedanken gegen einen anderen Menschen. Der gehaßte Mensch bekommt beim zehnten Mal gar nicht mit, welche Gefühle man ihm entgegenbringt, da kein Kontakt zu demjenigen besteht. Man steht nur sich und seiner weiteren Entwicklung im Weg.

Ich sage auch nicht, daß es ein einfacher Weg ist, doch er ist machbar. Und man hat eine echte Chance.

In diesem Sinne. Alles Liebe
Romy
 
@ Christoph



Zitat:
Ich habe es an anderer Stelle schon einmal gesagt: egal, was die Eltern ihrem Kind angetan haben - eine Lösung gibt es erst, wenn sie geleibt sind. Erst dann werden sie sich nach meiner Erfahrung als Eltern mit Verantwortung erleben können. Erst wenn der Betroffene klein wird und als Kind zu ihnen kommt - kleiner und hilfloser in seinem Schmerz. dann werden sie weich und die Liebe kann fließen. das geht aber nur jenseits des Vorwurfs und der öffentlichen Verunglimpfung
.


Hat es nicht damit etwas zu tun, daß ich als Kleinkind keine Möglichkeit habe mich gegenüber den Erziehern zu äußern, mich zu wehren und das diese Kindheitsmuster im Erwachsenenalter immer wieder aufbrechen, weil sie nicht gelöst sind ?
Das jedenfalls bekam ich von einem, als Kapazität anerkannten Psychologen erklärt und das leuchtet mir auch ein.

Gruß........................Juppi :)
 
romy_hexe schrieb:
Was das angeht, was Andrea sagte. Das ist ein schwieriger Aspekt. Doch erst wenn man gelernt hat Verständnis aufzubringen für die Vorgehensweise der Eltern, erst wenn man die Hintergründe des Handelns erkannt hat und versucht zu verstehen, wenn man sich fragt, wie man selber in dieser Situation gehandelt hätte, erst dann kann man in Frieden mit seinem Inneren kommen.

Im Grunde ist das was Christoph sagt nichts anderes, als daß man mit Hilfe des Verständnisses für die Eltern oder einen Elternteil mit sich und seinem Inneren in Frieden kommt. Für mich bedeutet das allerdings nicht automatisch, daß man dann gleich in Friede Freude Eierkuchen zur Tagesordnung übergeht und mit eventuell noch lebenden Elternteilen dann engsten Kontakt pflegt. Nur halt den inneren seelischen Frieden für sich selbst findet.

Denn wir zerstören uns selbst mit Haßgedanken gegen einen anderen Menschen. Der gehaßte Mensch bekommt beim zehnten Mal gar nicht mit, welche Gefühle man ihm entgegenbringt, da kein Kontakt zu demjenigen besteht. Man steht nur sich und seiner weiteren Entwicklung im Weg.

Ich sage auch nicht, daß es ein einfacher Weg ist, doch er ist machbar. Und man hat eine echte Chance.

In diesem Sinne. Alles Liebe
Romy

Danke, mit der "Übersetzung" kann ich auch was anfangen.

Verflixt, ich will was "loswerden" und getrau es mir doch auch nicht. Es könnte flasch verstanden werde. Vielleicht würde es mir meine Seel nie verzeihen? :rolleyes: Vielleicht würden sich andere bemüßigt fühlen, zu urteilen?

Ich trau mir nicht mal mehr "verdammt" schreiben,d a ich befürchte, es könnte ein Kraftausdruck sein.

Aua! Es tut weh.

vlg
andrea
 
Antwort von Christoph

Hallo Andrea,

ich war gerade bis gestern Abend auf einer Tagung mit Bert Hellinger und habe eben erst deinen Thread gesehen. Neue Threads werden (zumindest in meinem Rechner) irgendwie nicht unbedingt angezeigt, wenn nicht am gleichen Tag ein Posting war... :(

Ich habe aber gestern schon hier einiges geschrieben, was ANtworten zu deiner Frage enthalten könnte. Schau dich mal um.

In Bezug auf andere Menschen hab ich nun schon oft die Erfahrung machen dürfen, wenn ich meinen Schmerz zeigte, wurde auch dementsprechend reagiert.

... sagst du. Ich lese da fast schon einen Anspruch? Ich habe keinen Anspruch, dass von anderen adäquat reagiert wird. Den wenn das im Sinn ist, handelt es sich bei dem Schmerz um einen sekundären Schmerz. Es ist ein Schmerz, der ein Ziel beim anderen oder Dritten verfolgt und eine bestimmte Handlung nötigend auslösen will. Diese Art von Schmerz ist aggressiv.

Aber, was ist, wenn Elter(n) als eine potentielle Bedrohung wahrgenommen wird? Wenn "klein machen" sich ausliefern bedeutet? Und Kind damit rechnet, das sich ausliefern Gefahr bedeutet, möglicherweise Zerstörung?

Das "Klein-werden" welches ich meine, IST sich ausliefern, Andrea. Sich ausliefern, wie das Kind ausgeliefert ist. Und wenn die Eltern entscheiden, das Kind zu töten, auch das zu nehmen. Erst dann werden harte Eltern weich.

Interessant dabei ist nur: hart und unerbittlich sind meistens die Kinder.

Du selbst zeigst: Eltern haben Liebe für ihre Kinder. Und wenn es wie bei deinem Sohn eine unterbrochene Hinbewegung zur Muttergibt, so muss das nicht sein, weil sie ihn nicht liebt.

Selbst wenn Eltern schlagen und Schlimmeres tun, selbst wenn sie ihr Kind im Stich lassen oder töten. Sie tun es, weil sie systemisch verstrickt sind.

Aber es darf nicht instrumentalisiert werden. Das durchschauen die Eltern. Es ist kein Manöver um das es geht. Es ist eine demütige innere Haltung dem Leben gegenüber, wie es nun mal von den Eltern geschenkt wurde. Mit allem. Und dann kann das Nehmen des Lebens und der Eltern geschehen, wie sie eben sind. Dies ist die einzige Chance, die wir haben.

Liebe Andrea, deine Frage trifft einen Punkt, der mich seit dem Wochenende ebenfalls sehr tief bewegt.

Du schreibst weiter:

Aber offenbar löst alleine meine Wut(die sich maximal verbal äussert) regelrechte Existenzängste bei ihm aus. Zumindest lese ich das in seinen Augen, seiner Mimik. Da braucht es keine wie auch immer geartete Handlung in die Richtung.

Es sind die Haltungen, nicht die Handlungen, die etwas auf dieser Ebene auslösen. Das ist auch der Grund, warum Kinder panisch reagieren, obwohl sie an der Oberfläche liebevoll behandelt werden. Wenn die Haltung nicht damit in Übereinstimmung ist, reagieren sie auf die Haltung.

Am Wochenende war ein kleines Kind (ca. 18 Monate und noch demonstrativ gestillt - wer braucht das Stillen da mehr: Kind oder Mutter?) auf der Bühne und hat sich wirkungsvoll als "Co-Leiterin" betätigt. Sie hat die Lösung bewirkt, wo Bert Hellinger an der Grenze war.

Es war erstaunlich, wie sie reagierte, als ihre Mutter ihr sagte: "Ich bleibe". Es war ganz offensichtlich. Zuerst sagte die Mutter es nur als Ritual ohne innere Haltung dazu. Das Kind blieb aufmerksam sitzen und schaute auf dei Mutter, als erwarte es etwas. Dann schaffte es die Mutter, auch dei innere Haltung dazu zu verändern und mit dem Blieben in Einklang zu kommen. Endlich ließ das Kind los und lehnte sich voll bei der Mutter an. Die Kleine entspannte endlich vollends. Vorher hatte man den Eindruck, sie passt auf die Mutter auf.

Dein Kind hat alle Anzeichen einer "unterbrochenen Hinbewegung", wie sie unter diesen Umständen seiner Geburt entstehen klnnen, ohne, dass die Eltern eine Schuld trifft. Sie ist im Moment der Preis des Lebens. Halte dein Kind - auch über seinen Widerstand hinaus - oft, bis es in deinen Armen ganz gelöst ist und sich ergibt. Dies kann sein Vertrauen darin, nicht verlassen zu werden, wieder aufbauen helfen.

Verflixt, ich will was "loswerden" und getrau es mir doch auch nicht. Es könnte flasch verstanden werde. Vielleicht würde es mir meine Seel nie verzeihen? Vielleicht würden sich andere bemüßigt fühlen, zu urteilen?

Was willst du los werden?

In Hendrik`s Fall war seine Mutter für ihn jedoch die größte Bedrohung seiner Existenz.

Nein. Sie hat ihm sein Leben geschenkt in einer Zeit und Umgebung, wo das nicht selbstverständlich war. Sie hat das Kind in ihrem Bauch ausgetragen und es nicht getötet. Das ist, was zählt.

Was richtest du in seiner Seele an, wenn du so sprichst?

Liebe Grüße
Christoph
 
Werbung:
Christoph: Danke!

Ich denke, ich werde eine Worte einfach auf mich wirken lassen - sie berühren.

Danke vielmals!

vlg
andrea
 
Zurück
Oben