Ehefrau in Lebenskrise

Camaun

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9 März 2011
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Hi Leute.
Normalerweise ist das eigentlich nicht meine Art solche Sachen im Internet zu erfragen, aber ich habe in anderen Foren über speziell dieses Thema relativ wenig gefunden. Ich bin zur Zeit echt ratlos. Deswegen wollte ich mal fragen, ob jemand bereits etwas Ahnliches erlebt hat oder sonst wie hilfreiche Tips hat.

Meine Frau steckt momentan in einer tiefen Lebenskrise. Ihr will beruflich einfach nichts gelingen. Sie hat eine Ausbildung als Friseurin, kann in dem Beruf aber nicht arbeiten weil sie auf die Chemikalien allergisch ist.
Ansonsten hat sie einen Lebenslauf der mit tausend verschiedenen kleinen Jobs gespickt ist. Sie hatte bereits Hartz IV hinter sich und außerdem lange Zeit ein krankes Pferd versorgt, welches sie seit ihrem 16. Geburtstag hatte (was ihr auch unheimlich wichtig war und ihr damals vor allem emotional sehr durch schwere Zeiten geholfen hat).
Nachdem wir uns kennenlernten hatte sie irgendwann einmal Glück mit einem Job. Sie konnte eine feste Stelle bei vernünftigen Arbeitgebern als Reinigungskraft ergattern. Der Job war zwar nicht super toll, aber von allen bisherigen immernoch der Beste. Sie wurde dort mit Respekt behandelt und hatte eine sinnvolle Aufgabe. Wie gesagt, war zwar kein Akademikerberuf, aber immerhin genug, um zumindest etwas Selbstwertgefühl zu haben.

Das Problem war allerdings, dass ich für meinen Beruf ein super Angebot in einer anderen Stadt bekommen habe.
Wir haben lange überlegt und uns schließlich beide dazu entschieden, dass wir doch umziehen. Schließlich hat auch jeder, den wir gefragt haben, gesagt, dass meine Frau schon sicher wieder etwas neues finden würde.

Blöderweise ist das nicht passiert. Meine Frau hat über 6 Monate versucht einen Job zu finden. Nicht mal die Zeitarbeit wollte sie mehr einstellen.
Dann dachten wir uns, okay, dann bildet sie sich eben weiter. Schließlich verdiene ich im Moment genug Geld, um uns beide einigermaßen ausreichend zu versorgen.
Also find sie an bei der ILS das Fernabitur zu machen.
Das ist jetzt 6 Monate her - und es könnte schlechter nicht laufen. Die Hefte sind bescheuert, erklären gar nichts und der Umfang des Fernabiturs ist auch in etwa doppelt so groß, wie das normale Abitur. Außerdem bekommt man keine Hilfe und auch sonst ist die ganze Geschichte wesentlich schwerer als gedacht.

Das Problem ist nun, dass dies für meine Frau schon Versuch x-tausend ist irgendwie in dieser Gesellschaft überhaupt Fuß zu fassen beruflich. Nichts funktioniert, sie erlebt einen Rückschlag nach dem anderen.
Entsprechend ist die aggressiv, deprimiert, verzweifelt. Sie will das Abitur hinschmeißen - und ich kann wirklich auch nachvollziehen warum (würde das selbst höchstwahrscheinlich auch nicht hinbekommen).
Wenn wir hundert Jahre mehr Zeit und Geld für jede Menge Nachhilfelehrer hätten wäre das sicher keinProblem, aber realistisch sieht das alles wieder sehr schlecht aus.

Ich weiß momentan auch nicht mehr wirklich weiter. Unsere Beziehung läuft nach wie vor gut und stabil - ich bin soweit ich kann auch für sie da, aber mir gehen langsam echt die Ideen aus.

Ich habe langsam Angst davor, dass meine Frau sich irgendwann einfach zurückzieht, aufgibt und dann gar nichts mehr macht.
 
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Lieber Camaun!

Ohje, eine Fernmatura...hab ich auch mal begonnen und nach den ersten Skripten weggeworfen. Ist nur bedingt brauchbar, wenn man wirklich das Abi machen möchte in meinen Augen.

Ich bin dann zu der Stelle gegangen, wo die Externistenmatura abgelegt wird, hab mit den Professoren selbst gesprochen, mir die Bücher besorgt und mir das alles autodidaktisch erarbeitet, funktionierte prima. Würde niemals mehr einen Fernkurs machen, denn hier wird mit dem Gießkannenprinzip gearbeitet und der Stoff ist dadurch erstens umfangreicher und zweitens möglicherweise nicht genau dem Anforderungsprofil angepasst, das die zuständige Kommission erwartet. Das kann (zumindest war das damals so) recht unterschiedlich sein.

Es könnte sein, dass Deine Frau auch direkten Kontakt braucht. Erkundigt Euch bitte, wo die Matura abgelegt wird (bei uns waren es ausgesuchte Gymnasien), geht dorthin und sprecht DIREKT mit den Prüfern. Es ist ganz was anderes, wenn ein Mensch vor Dir sitzt und sagt, diese oder jene Schwerpunkte schauen Sie sich bitte gut an, diese oder jene Bücher besorgen Sie sich zusätzlich etc. Mir hat das damals wesentlich mehr gebracht als der doch unpersönliche Kontakt per Brief. Da hatte ich nur das Gefühl, zu schwimmen.

Auch habe ich die Themengebiete, die ich tatsächlich dann für die Maturaprüfungen hatte, mit den Unterlagen des Fernkurses verglichen - sie stimmten nicht überein. Ich hätte also weit mehr lernen müssen und vor allem - teilweise das Falsche, weil die Schwerpunkte völlig anders gelagert waren.

Ich möchte jetzt nicht über Fernschulen herziehen - für MICH war es nicht passend. Und ich kann gut verstehen, dass Deine Frau da verzweifelt, ich war auch knapp dran.

Aber abgesehen davon - hat Deine Frau schon mal eine Berufsberatung in Erwägung gezogen? Wo liegen ihre Interessen?

Du schreibst, sie liebt Pferde - gäbe es keine Möglichkeit, hier einen Beruf zu finden, der auch eine "Berufung" wäre?

Z.B. ein Tierheilpraktiker oder in einem Gestüt mitzuarbeiten?

Liebe Grüße
Reinfriede
 
...Blöderweise ist das nicht passiert. Meine Frau hat über 6 Monate versucht einen Job zu finden. Nicht mal die Zeitarbeit wollte sie mehr einstellen...
Warum macht sie nicht Vollzeitschule? ...über die Volkshochschule oder andere Stellen, ich weiß nicht, was es so in Österreich gibt. Da hat sie Lehrer, die sie fragen kan, ist unter Menschen und kann sich so nicht verkriechen.
 
Warum macht sie nicht Vollzeitschule? Da hat sie Lehrer, die sie fragen kan, ist unter Menschen und kann sich so nicht verkriechen.

Diese Variante würde ich auch einem Fernstudium vorziehen, schon alleine, um die Isolierung zu umgehen.

Da Du Harz IV erwähnt hast, gehe ich davon aus, dass Ihr in Deutschland zuhause seid. Bei uns gibt es Maturaschulen, und bei Euch gibt es entsprechend Abiturschulen und auch Schulen, die sich auf Fach-Abis spezialisieren. Eine entsprechende Bildungs-Beratung würde bestimmt weiterhelfen.

LG
Lucille
 
Fernkurse: Das Erreichen eines Ausbildungszieles ist nicht primär das Unternehmensziel. Es soll durch Einsatz geringster Mittel (vervielfältigte Unterlagen) und geringstem Einsatz von Personal (Verbesserung von Aufgaben) ein Maximum an Ertrag erzielt werden. In einer freien Wirtschaft nichts Böses. Aber durch geschickte Werbeslogans wird das Unternehmensziel am Lernerfolg in den Vordergrund gestellt. Da werden Verträge geschlossen, die den Ertrag hinsichtlich eines bestimmten Zeitraums sichern. Wenngleich oftmals (meist auch gegen Gebühr) Verlängerungen angeboten werden. Der Ausstieg ist zumeist sehr schwer möglich. In der Regel nur gegen vollständige Bezahlung der Vertragssumme. Viele Menschen brauchen für das Verständnis eines Lehrstoffs sowohl das Auge UND das Ohr. Und genau diese Kombination fehlt bei Fernkursen. Daher sind solche Kurse nur für (ich sag mal) Hochbegabte eine der Möglichkeiten.
Du scheinst ein guter Ehemann zu sein. Hilf ihr aus dieser Zwangsjacke heraus und verschaffe ihr Ruhe. Und wenn sie diese gefunden hat, - dann mal ein Vorschlag. Ein VHS-Kurs für den ECDL (Europäischer Computerführerschein) bietet zunächst mal etwas für das Auge und das Ohr. Und ist in der Regel durchaus finanzierbar. Noch dazu sitzen dort erwachsene Schüler, die fast sicher weniger „Grütze“ mitbringen als Dein "Mädl" (lieb gemeint). Letzteres macht sogar mutig. Und mit diesem ECDL sind die Aussichten allemal groß genug.

Ich wünsche Dir und Deiner Lieben
Viel Erfolg * Martin
 
NACHTRAG: Der Europäische Computerführerschein umfasst kein technisches Wissen um den PC sondern der Gebrauch von Programmen mit Einsatzschwerpunkt BÜRO.
Und genau darin liegt dessen Stärke. Bürokräfte gibt es in allem Branchen und es handelt sich um Kopfarbeit. Also um ein Wissen, dass einem nicht genommen werden kann.

Martin
 
Hallo Camaun,

Deine arme Frau, sie kann einem ja richtig leid tun !
Es ist absolut demotivierend und niederschlagend , Mißerfolge im Beruf zu haben.
Daher finde ich es sehr schön, daß Du hinter Deiner Frau stehst, ich denke, daß wird sie für vieles entschädigen !

Du hast geschrieben, daß sie ein Pferd hatte ? Also kann sie anscheinend gut mir Tieren umgehen !
Das ist ein Gebiet, wo viele Menschen Berührungsängste haben.
Daher würden sich vielleicht Tierparks ( Zoos ), Tierarztpraxen , Tierheime oder Reithöfe über Unterstützung freuen !

Ich wünsche Deiner Frau viel Erolg und hoffe, daß sie einen zufriedenstellende Beschäftigung findet !!!!


Viele liebe Grüße,


Silence
 
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Hallo mein Lieber,

das, was Martin schrieb, von der VHS, klingt sehr gut. Grundsätzlich bietet die VHS viele Möglichkeiten der Fortbildung.

Aber auch die Idee die Tierliebe deiner Frau als Grundlage für ein neues berufliches Ziel zu machen, halte ich für ausgezeichnet.

Aber zunächst braucht deine Frau einen selischen Aufbau, denn mit so viel "Seelenmüll" aus der Vergangenheit kann ein Neustart nicht gelingen.

Und zu einem Fernstudium kann ich nur sagen: Finger weg! Deine Frau gehört in eine Schule, in der sie ihr Abitur machen kann und nicht alleine zu Hause, wo sie kaum Ansprache hat und Rückhalt von Lehrern und Mitschülern. Wenn ihr in einer Stadt lebt, wird sie sicher gute Angebote finden. Auf dem Lande ist das natürlich schwieriger.

Deine Frau scheint jetzt gefangen zu sein in einem wahren Teufelskreis aus Mutlosigkeit und schlechten Erfahrungen. Nur du kannst ihr jetzt da heraus helfen, denn sie muß jetzt erst einmal ihr Selbstbewustsein stärken. Es gibt da Möglichkeiten. Vielleicht gibt es einen psychologisch-sozialen Dienst bei euch. Deine Frau darf nicht alleine bleiben mit ihren Sorgen und Ängsten. Das drückt sie nur noch weiter herunter. Sie wird nicht die Einzige sein, die solche Erfahrungen gemacht hat.

Ich wünsche euch viel Kraft und schicke liebe Grüße!

Clara
 
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