traumtänzerin schrieb:
danke für all eure antworten.
@yojo: das klingt alles sehr schön, was du da schreibst. schaffst du es, im alltag umzusetzen, zumindest manchmal?
bei den eigentlichen geistigen erfahrungen fühle ich mich nicht überfordert. das problem, das ich habe ist, dass diese erlebnisse, durch die sich auch meine denkweise ändert, nicht mit der alltäglichen welt zu vereinbaren sind. wenn ich zum beispiel in die uni gehe und mich mit den leuten treffe, dann merke ich ganz klar, dass für solche dinge kein raum ist. und es tut weh, weil ich mich in einer umgebung, in der ich mich mal wohl gefühlt habe und dazugehört habe, nicht mehr zuhause und wahrgenommen fühle. ich fühle mich einfach ziemlich verloren und hin und her gerissen.
Liebe Traumtänzerin,
Die Liebe braucht stets ein Objekt, wo sie sichtbar werden kann, wo wir wirken können mit ihr. Ich versuche, alles was ich tue, auf die Liebe Gottes hin auszurichten. Alles, was ich schaffe zu tun, in der Liebe Gottes, bringt Freude alleine schon durch das tun.
Geistige Erlebnisse geschehen im Herzen und im Geiste:
Bahá'u'lláh schrieb:
O Sohn des Seins!
Dein Herz ist Meine Wohnstatt. Heilige es für Mein Kommen. Dein Geist ist der Ort Meines Erscheinens. Läutere ihn für Meine Offenbarung.
Nun gibt es Dinge, die schaffe ich direkt zu tun; für manche brauchen wir Gemeinschaft, Menschen, die mit mir sind, in der Seele, Seelenbrüder und Seelenschwestern, und wir können uns die Dinge leben, für deren wahre Erfahrung wir Gegenseitigkeit brauchen. So bin ich der Bruder von meinem Schwesterlein, und wir sind Bruder und Schwester aus dem Bewußtsein heraus, beide von Gott erschaffen zu sein, somit denselben Vater und Mutter in Wahrheit zu haben, somit Geschwister, für immer. Um das leben zu können, brauche ich Menschen, die das ebenso leben wollen.
Andere Dinge sind zielgerichtet: Ich versuche auch dann wirklich aufrichtig liebend zu sein, wenn ich zurückgewiesen werde, oder schlecht behandelt, und so weiter. Das ist eine Sache zwischen Gott und mir.
Wieder andere Dinge sind spezifisch, und ich kann sie nicht wirklich ausleben. Diese Dinge möchte ich aber gerne leben, habe aber dazu nicht die Möglichkeit.
Und als letztes gibt es Dinge, die ich leben soll, weil ich weiß, daß es richtig wäre, aber mitansehen muß, wie ich es nicht schaffe, in meinem eigenen Herz das Licht dafür zu entzünden. In diesen Fällen hilft nur eines: ich muß Gott demütig bitten, mich "abzubauen", und völlig neu zu beschreiben, wie ein weißes Blatt Papier, sodaß ich in der Lage bin, im Herzen dasjenige zumindest zu wollen, was ich soll.
Ich weiß nicht ob ich das richtig ausdrücken schaffe; Dinge, von denen du weißt, "so wäre es richtig", aber du findest in deinem Herzen so viel Wiederstand, daß du es nicht schaffst, dein eigenes Herz "umzustimmen".
Bahá'u'lláh erklärt das wunderbar so:
O Sohn des Menschen!
Schreibe, was Wir dir offenbarten, mit der Tinte des Lichts auf die Tafel deines Geistes. Wenn du dies nicht vermagst, so mache das Wesen deines Herzens zu deiner Tinte. Bist du auch dazu außerstande, dann schreibe mit der roten Tinte, die auf Meinem Pfade vergossen ward, auf daß ihr Licht ewig leuchte. Wahrlich, schöner ist sie Mir als alles andere.
Im letzten Punkt muß also die Bereitschaft erlangt werden, sich selbst zu sterben, damit Gott uns wieder aufbauen kann, so wie er uns haben möchte.
In diesem Sinne hört dann der graue Alltag auf zu existieren. Du gehst in die Uni, kannst aber nicht mit deinen Kommilitonen über die geistigen Dinge sprechen. Die Welt, in der du einst zuhause warst, ist nicht mehr dein Zuhause; dein Zuhause ist in der Liebe Gottes. Du kannst es nicht, möchtest es aber gerne. ("Mache das Wesen deines Herzens zu deiner Tinte"). Wenn du nun aber jemanden treffen solltest, wo du diesen Wunsch, demjenigen irgendetwas mitteilen zu können, nicht empfinden könntest in deinem Herzen, so eine Art "dem nicht!", und du wüßtest aber, daß, ganz eigentlich, dies doch richtig wäre, dann hättest du den 3. Fall vor dir: mit dir stimmt etwas nicht, und du legst dein gesamtes Leben, Wissen, alles was dich ausmacht in Gottes Hand mit der Bitte, das in dir richtig zu stellen.
Es ist nicht immer ganz leicht, aber es geht. Und langsam richtet sich dann unser ganzes Leben völlig neu aus....
Alles Liebe von Yojo