Autobiographie schreiben für die Kinder

Solida

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14 Oktober 2005
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Hallo,

ich bin jetzt auch in diesem Unterforum registriert. Seit einiger Zeit trage ich eine Sache mit mir herum, die mich nicht ruhen läßt.

Ich lebe in einer schwierigen Ehe und es gibt Zeiten, da würde ich mich am liebsten trennen. Unsere Kinder sind 18, 17 und 13. Manchmal frage ich mich, was denn meine Kinder von mir wissen und von mir für ein Bild haben. Sie erleben mich nicht nur als Mutter, sondern auch als Ehefrau ihres Vaters. Und mit dieser Rolle haben sie offensichtlich, v.a. die beiden größeren, manchmal ein Problem.

Mein Mann hat ein schweres Schicksal und manchmal kommt es mir so vor, als hätte er dadurch eine gewisse Narrenfreiheit, so eine Art Bonus. Wenn ich mal was tue oder sage, was meinen beiden größeren gegen den Strich geht, dann sagen sie das auch. Und das finde ich gut. Sie sind in der Ablösephase, müssen ihre eigene Identität bilden, und das geht nicht ohne Reibung. Unsere Diskussionen laufen auf einem hohen Niveau ab, es wird schon auch mal emotional. Ich versuche, meine Kinder mit Respekt zu behandeln und fordere das auch von ihnen ein. In der Regel klappt das auch gut. Mit ihrem Vater gibt es da weniger Reibereien, eher kommen sie zu mir und kotzen sich bei mir aus.

Wenn ich aber mal mit meinem Mann eine Auseinandersetzung habe, von der die Kinder nicht direkt oder indirekt betroffen sind, dann schlagen sie sich oft auf die Seite ihres Vaters. Mein Mann fühlt sich dann oft geschmeichelt. Und ich hab das Gefühl, ich bin die Böse.

Unsere Kinder wissen nicht (mehr), was sich in der Anfangsphase unserer Beziehung so alles ereignet hat, von dem ich merke, dass es heute noch die Beziehung belastet. Mein Mann will über viele Dinge nicht reden, mit seinem Schicksal kann und will er nicht umgehen. Er hat mir neulich klipp und klar gesagt, dass er das nicht emotional an sich rankommen lassen will. Er ist blockiert, in sich gefangen, ihm fehlen gewisse soziale Kompetenzen und Einfühlungsvermögen hat er auch nur wenig. Natürlich hat er auch gute Seiten, aber heute denke ich, wir wären besser Freunde geblieben.

Jetzt überlege ich mir, ob ich jetzt schon mal anfange, meine Autobiographie zu schreiben. Ich will alles aufschreiben, was geschehen ist und auch meine Gedanken, Gefühle, Zukunftsvorstellungen, die ich hatte oder habe. Ich möchte, dass die Kinder später, wenn ich mal nicht mehr unter den Irdischen weile, die Wahrheit erfahren. Mir fällt da immer wieder die Szene aus dem Film ein "Die Brücken am Fluß", wo die Kinder nach dem Tod der Mutter ein Päckchen finden, in dem sich Briefe o.ä. befinden, und sie so erfahren, dass die Mutter mal ein Verhältnis hatte, und sie dann ein anderes Bild von ihrer Mutter kriegen.

Ich habe einfach so die Schnauze voll, immer als die Unruhestifterin dazustehen. Ich habe ein paar wenige Menschen, denen ich sagen kann, wie es mir wirklich geht und was ich alles erlebt habe in dieser Beziehung. Und die mich auch verstehen, wenn ich mich darüber aufrege, dass ein Mensch mit einer schweren Behinderung von vornherein Narrenfreiheit hat. Alles, was er sagt oder tut was danaben ist, wird von vielen Bekannten oder auch Freunden mit der Behinderung entschuldigt. Da kann ich noch so oft Aufklärung betreiben, die wollen das nicht wissen. Und hier und da kommt es dann eben sogar bei unseren eigenen Kindern vor.

Mein Mann kann sein Schicksal nicht annehmen, was sich tagtäglich auf unser Zusammenleben und auf die Organisation des Alltags auswirkt. Ich bin manchmal am Ende meiner Kräfte und wenn ich nicht eine innere Stärke hätte und ein Stehauf-Frau wäre, ich hätte wohl längst die Koffer gepackt. Und es ist ja auch nicht so, dass bei uns nur trübe Stimmung ist. Es gibt auch schöne Phasen. Aber unter dem Strich ist es einfach anstrengend.

Ich erwarte von meinen Kinder nicht, dass sie jetzt Verständnis für mich aufbringen, das ist nicht das richtige Alter dafür. Und es gibt auch gewisse Dinge zwischen Eltern, die Kinder nicht unbedingt wissen müssen. Mir geht es mit diesem Buch weniger um Innenansichten meiner Ehe, sondern um mich als Individuum.

Ich würde mich freuen über eure Meinungen, es geht mir um das "Buch". Und um meinen Wunsch, meine Kinder sollen wissen, wer ich wirklich bin oder war. Was mich zu dem gemacht hat, der ich heute bin.

Liebe Grüße, Solida
 
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Solida schrieb:
Ich würde mich freuen über eure Meinungen, es geht mir um das "Buch". Und um meinen Wunsch, meine Kinder sollen wissen, wer ich wirklich bin oder war. Was mich zu dem gemacht hat, der ich heute bin.

Ich halte es für eine wirklich gute Idee, ich habe mir das selber schon für meinen Sohn überlegt. Mach aber nicht den Fehler, ihnen das Buch sofort zu geben und erwarte auch nichts. Rechtfertige Dich nicht, lass einfach die Erzählung und Deine Gedanken wirken.
Ihre Meinung bilden sie sich selber.
 
Hallo Walter,
danke für dein statement.
So hab ich mir das auch gedacht. Ich schreibe an dem "Buch", solange ich lebe. Meine Kinder würden es erst kriegen, wenn ich entweder nicht mehr da bin oder wenn ich ein Alter erreicht habe, wo sie anfangen, Fragen zu stellen.

Ich habe meinen Eltern vor einigen Jahren schöne Schreibbücher mit unlinierten Blättern gegeben, damit sie da ihr Leben reinschreiben. Sie reagierten mit einer Mischung aus Gerührt sein und Freude an meinem Interesse. Ich weiß von meiner Mutter, dass sie viel erlebt hat, aber über das meiste nicht sprechen kann. Vielleicht schreibt sie das da rein. Und ich kann sie hoffentlich dann auch besser verstehen.

So stelle ich mir das auch vor bei meinen Kindern. Ob's tatsächlich so wird, weiß ich dann auch nicht.

Ja, du hast recht: Ich muß mich nicht rechtfertigen. Die Dinge sind so, wie sie waren. Ich will diese und andere Menschen nicht verurteilen. Ich schreibe nach Gefühl und aus der Erinnerung heraus.

Hach, du machst mir Mut. Danke!

Liebe Grüße, Solida
 
Solida schrieb:
Ich habe meinen Eltern vor einigen Jahren schöne Schreibbücher mit unlinierten Blättern gegeben, damit sie da ihr Leben reinschreiben. Sie reagierten mit einer Mischung aus Gerührt sein und Freude an meinem Interesse. Ich weiß von meiner Mutter, dass sie viel erlebt hat, aber über das meiste nicht sprechen kann. Vielleicht schreibt sie das da rein. Und ich kann sie hoffentlich dann auch besser verstehen.

So war es bei meinem Vater auch. Ich habe einige Zeit gebraucht bis ich ihn überredet habe, sein Leben aufzuschreiben - er hat dann wirklich einiges geschrieben, leider nur ungefähr die Hälfte, doch dadurch habe ich einiges erfahren, von dem ich gar nichts wusste.
Meine Mutter weigert sich leider etwas zu schreiben :)
 
Hallo Solida,

grundsätzlich finde ich die Idee gut, ich sehe allerdings eine Gefahr darin.

Wenn Dein Ziel ist, dass Deine Kinder erst so spät "informiert" werden sollen, dass sie sich z.B. mit Dir darüber nicht mehr unterhalten können, dann könnte es sein, dass Du ihnen damit eine ziemliche Bürde hinterlässt.
Sie könnten Dich dann besser verstehen und sehen ihre eigenen Handlungen in einem anderen Licht und kriegen womöglich Schuldgefühle oder ein schlechtes Gewissen.
Wie dieses Buch geschrieben wird, dass es Deinen Kindern nachträglich keine Bauchschmerzen bereitet - z.B. Deine Traurigkeit, wenn sie sich in Konfliktsituationen auf die Seite ihres Vaters geschlagen haben - das ist eine ziemliche Gradwanderung. Ein Buch zu schreiben ist schwer.

So beim Schreiben meiner Antwort ist mir ziemlich klar, dass eine "Hinterlassenschaft" dieser Art für mich nicht in Frage kommt. Ich würde eher mit meiner Tochter wenn sie selbst Familie hat oder einfach älter ist, mal über alte Zeiten reden. Oder was aufschreiben und dann darüber mit ihr reden.

Nur ein kleiner Denkanstoß.
L.G.
Timmi
 
Hallo timmi,

Wenn Dein Ziel ist, dass Deine Kinder erst so spät "informiert" werden sollen, dass sie sich z.B. mit Dir darüber nicht mehr unterhalten können, dann könnte es sein, dass Du ihnen damit eine ziemliche Bürde hinterlässt.
Sie könnten Dich dann besser verstehen und sehen ihre eigenen Handlungen in einem anderen Licht und kriegen womöglich Schuldgefühle oder ein schlechtes Gewissen.
Wie dieses Buch geschrieben wird, dass es Deinen Kindern nachträglich keine Bauchschmerzen bereitet - z.B. Deine Traurigkeit, wenn sie sich in Konfliktsituationen auf die Seite ihres Vaters geschlagen haben - das ist eine ziemliche Gradwanderung.

Danke für deine Anmerkungen. Es ist nicht meine Vorstellung, solange ich lebe, meinen Kindern nichts zu erzählen und sie erst nach meinem Tod über das Buch mit meinen Erlebnissen und Gedanken zu konfrontieren. Immer, wenn es sich ergibt, erzähle ich was von mir. Es muss eben zur Situation passen.

Ich würde nicht wollen, daß meine Kinder Schuldgefühle oder ein schlechtes Gewissen kriegen. Dieser Satz von dir macht mich schon nachdenklich.

Neulich erst gab es eine Situation, wo mein Mann in einem Gespräch verbal auf eine Weise reagiert hat, daß ich ausgeflippt bin (kommt selten vor). Mein Sohn (17) kam rein und fragte mich besorgt, was los ist. Ich war fix und fertig und wartete, bis mein Mann spazieren ging. Dann hatte ich mit meinem Sohn ein gutes Gespräch. Er ist für sein Alter weit entwickelt, in emotionaler Hinsicht, sehr feinfühlig und hat eine philosophische Ader. Er hat schon öfters Bemerkungen gemacht in der Art: Mit dem Papa stimmt irgendwas nicht. Und schildert mir dann seine Beobachtungen und auch Vermutungen und Interpretationen, und jedes Mal bin ich ganz platt über so viel Weisheit und tieferes Verständnis für psychische Zusammenhänge. Ich erzählte meinem Sohn, warum ich ausgeflippt bin. Wenige Tage später kam er zu mir und meinte, es war ja okay, wenn ich ihm das erzähle, aber er fände es eigentlich nicht gut und er glaubt, er würde seinen Kindern so was nicht erzählen. Dann bat er mich, ihm zukünftig solche Sachen nicht zu erzählen. Es war halt schon starker Tobak was ich ihm erzählte - einerseits - andererseits war es mir in dieser Situation einfach extrem wichtig, nicht als die Xanthippe dazustehen und der Papa ist der Arme.

Ich glaube eher, dass mein Sohn trotz seiner Reife noch nicht so genau wissen will, was mit seinem Papa los ist. Wirkungsvoller war, als vorgestern mein Mann von sich aus eine Begebenheit von vor über 20 Jahren erzählte, die jetzt nur ihn betrifft, aber ich spürte, wie es in meinem Sohn anfing zu arbeiten und er wohl einige Puzzlestücke an die richtige Stelle setzen konnte.

Mir geht es ja auch um folgendes: Ich weiß ja nicht, ob ich wirklich so alt werde. Wenn mir morgen was zustoßen sollte, wüßten meine Kinder nicht viel. Erzählen kann ich ja immer noch, später, wenn sie älter sind, selber in festen Partnerschaften leben, evtl. auch Familie haben. Und dann haben sie es eben doppelt: Von mir erzählt und als Buch.

Ein Buch zu schreiben ist schwer.
Ich bin geübte Schreiberin und traue mir das zu.

Danke nochmal.
Grüße, Solida
 
Liebe Solida!

Prinzipiell finde ich die Idee eines autobiografischen Buches toll, da möchte ich mich den Meinungen anschließen...

Doch wenn ich so zwischen den Zeilen Deiner Postings lese, frage ich mich, was genau für Motive dahinter stecken.

Ich möchte Dir nicht zu nahe treten, doch ich hab den Eindruck, dass das eigentliche Motiv in Richtung Verteidigung geht. Du stehst in einer Situation, in der Du Dich ständig rechtfertigen musst, so kommt das rüber.

Wäre es nicht besser, dieses Problem JETZT zu lösen oder zumindest teilweise zu lösen?

Den Film, den Du angesprochen hast, habe ich auch gesehen und genossen. Er war fantastisch....

Doch macht es wirklich Sinn, eine Lösung in der Zukunft zu suchen? Ich spüre bei Dir diese Sehnsucht, verstanden zu werden.

Es ist eine schwierige Situation, in der Du Dich befindest, in der eine Lösung scheinbar unmöglich ist, auch aufgrund des Alters Deiner Kinder (meine sind übrigens gleich alt)... Doch ich will jetzt nicht zu tief in Dich dringen, ich glaube, dass in Deiner Beziehung innerhalb der Familie zu stark polarisiert wurde: Dort er - hier ich. Schuld hin, Schuld her. Und Du bist in der Position, in der Du Dich scheinbar wehren musst.

Ich weiß nicht, ob Du mit meinen Gedankengängen etwas anfangen willst, doch eine Lösung JETZT anzustreben, erscheint mir schöner, als sie auf später zu verlegen.

Ein Buch über sein Leben zu schreiben ist etwas Schönes - ein zeitgeschichtliches Dokument für spätere Generationen - ist sicher sinnvoll. Doch ich glaube, dass das Motiv dafür einen Hinweis gibt, welches Problem in Deinem Leben JETZT angegangen werden sollte.

Ich hoffe, Du bist mir nicht böse über meine Offenheit,

alles Liebe
Reinfriede
 
Guten Morgen Solida,

klingt wirklich etwas kompliziert Euer Familienleben.
Die Bitte Deines Sohnes, ihn künftig mit "solchen" Dingen nicht mehr zu konfrontieren kannst Du respektieren oder auch nicht. Wenn es ihn etwas angeht, wenn es ihn betrifft, dann solltest Du es ihm weiterhin in aller Offenheit sagen. Wenn es jedoch "nur" Konflikte zwischen Dir und Deinem Mann sind, dann belastest Du ihn damit, weil er doch Euch beide liebt. In irgendeiner Art und Weise erwartest Du ja doch Parteinahme oder Entrüstung seinerseits und das ist nicht fair und wird Dir auch nicht helfen, Deine Probleme mit Deinem Mann zu lösen.

Eine Freundin oder ein Freund sind da zum Ausquatschen sicher sinnvoller als der eigene Sohn.

Mit dem Hinweis darauf, dass es schwer sei, ein Buch zu schreiben, verbinde ich folgendes:

Ich habe mir vorgestellt, meine Mutter würde mir so ein Buch übergeben. Ich würde nicht erwarten, in diesem Buch die Wahrheit über das Leben meiner Mutter zu finden. Es wäre eine Darstellung aus Ihrer Sicht, eine bewusste Verzerrung der Realität, eine Bewertung der Situationen etc. Ein Buch erzeugt gezielt Stimmungen und Parteinahme, lenkt die Gedanken bewusst in bestimmte Richtungen, suggeriert Tatsachen etc. Was ich damit sagen will ist, dass dieses Buch, wenn es Sinn machen soll - aus meiner Sicht komplett ohne Bewertungen auskommen müsste. Und das scheint mir das Schwerste zu sein.
Für mich wäre so ein Buch meiner Mutter wahrscheinlich extrem streitbar. Ich weiß ja, wie sie heute ist, wie sie Situationen bewertet, beschönigt, herabwürdigt, verdrängt, mit welcher (unrealistischen) Erwartungshaltung sie an ihr Leben einschließlich Mann und Kinder herangeht und woher ihre Tiefschläge und Enttäuschungen und die gesamte Opferhaltung kommen.
Meine Mutter hat immer viel aus ihrer Kindheit erzählt - mit dem Ziel Mitleid zu erzeugen und zu beeindrucken. Und genauso wäre vermutlich das Buch, das sie schreiben würde.

Ein Buch meines Vaters wäre für mich vermutlich eher eine Quelle, weil er aus seiner Kindheit nicht viel erzählt hat. Was ich weiß, weiß ich wiederung von meiner Mutter, die wie meist nur negatives zu berichten hatte.

Darum meine ich, ein Buch zu schreiben ist schwer. Ein Buch ist eine Waffe und kann viel Unheil anrichten. Wenn es Dir darum geht, Deine Gefühlslage zu vermitteln und irgendetwas klarzustellen, halte ich auch eine zeitnahe Klärung für besser - insbesondere für Dich selbst, denn Du hast ja offenbar mit der Situation Probleme. Du kannst nicht davon ausgehen, das Deine Kinder die gleichen Probleme haben. Du kannst nicht einmal davon ausgehen, dass sie ein übergroßes Interesse an so einem Buch hätten.

Insofern stimme ich auch einem Großteil von Reinfriedes Posting zu.

L.G.
Timmi
 
@Reinfriede
Doch wenn ich so zwischen den Zeilen Deiner Postings lese, frage ich mich, was genau für Motive dahinter stecken.

Ich möchte Dir nicht zu nahe treten, doch ich hab den Eindruck, dass das eigentliche Motiv in Richtung Verteidigung geht. Du stehst in einer Situation, in der Du Dich ständig rechtfertigen musst, so kommt das rüber.

Wäre es nicht besser, dieses Problem JETZT zu lösen oder zumindest teilweise zu lösen?
Meine Motive sind einerseits, meine Kinder an meinen Ereignissen im Leben teilhaben zu lassen. Das können Erlebnisse aus Kindergartenzeiten sein, die ich als lustig in Erinnerung habe, das können aber auch weniger schöne Erlebnisse beispielsweise aus meiner Jugendzeit sein. Eben Erlebnisse, die für mich Bedeutung waren. Oder aber auch einfach die Schilderung meines Alltags in einer Familienkonstellation, in häuslichen Verhältnissen und in Umständen, in denen Kinder heute im fortgeschrittenen Medienzeitalter nicht mehr leben und sich vielleicht auch gar nicht vorstellen können.

Rechtfertigen will ich mich eigentlich nicht, aber wenn ich so jetzt überlege, ist schon was Wahres dran. Gerade heute abend hatte mein Sohn ein Art Ausbruch, gemäßigter Art, wo ich aber das Gefühl hatte: Moment mal, da muss ich was richtig stellen.

ich glaube, dass in Deiner Beziehung innerhalb der Familie zu stark polarisiert wurde: Dort er - hier ich. Schuld hin, Schuld her. Und Du bist in der Position, in der Du Dich scheinbar wehren musst.
Irgendwie ist das schon so. Und der Vorfall heute abend hat mir deutlich gezeigt, dass ich gar nicht warten darf, sondern die Dinge jetzt klären muss.

@timmi

klingt wirklich etwas kompliziert Euer Familienleben.
Ist es auch.

Eine Freundin oder ein Freund sind da zum Ausquatschen sicher sinnvoller als der eigene Sohn.
Zum Glück habe ich einige sehr gute Freundinnen, mit denen ich das meiste besprechen kann. Meinen Sohn nehme ich nicht zum Ausquatschen, ich habe ihm nur berichtet, wie mein Mann auf eine Sache in Bezug auf seine ältere Schwester reagiert hat. Und diese Sache betrifft ihn auch.

Jetzt habe ich dich verstanden mit deinem Gedanken, solch ein Buch zu schreiben sei schwer. Mir würde es übrigens genau so gehen wie dir, wenn jeweils meine Mutter bzw. mein Vater mir ein solches Buch überreichen würden.

Ein Buch ist eine Waffe und kann viel Unheil anrichten. Wenn es Dir darum geht, Deine Gefühlslage zu vermitteln und irgendetwas klarzustellen, halte ich auch eine zeitnahe Klärung für besser - insbesondere für Dich selbst, denn Du hast ja offenbar mit der Situation Probleme. Du kannst nicht davon ausgehen, das Deine Kinder die gleichen Probleme haben. Du kannst nicht einmal davon ausgehen, dass sie ein übergroßes Interesse an so einem Buch hätten.
Darin stimme ich dir grundsätzlich mal zu. Ich gehe nicht davon aus, dass meine Kinder die gleichen Probleme haben werden wie ich. Dazu sind sie viel zu anders als ich es damals war. Ob sie ein Interesse daran hätten, weiß ich auch nicht. Es soll ein Angebot sein.

Mein Sohn spricht in letzter Zeit Dinge an, die beantwortet und geklärt werden wollen. Von daher ergibt sich vieles von alleine. Das größte Problem, das ich momentan dabei habe: Ich habe tatsächlich das Gefühl, mich wehren zu müssen. Denn mein Sohn stellt ja keine Fragen in dem Sinne. Er interpretiert auf der Grundlage falscher Annahmen. Und das kann ich nicht stehen lassen, weil das meist zu meinem Nachteil ausfällt.

Ich danke euch für eure auch kritischen Anmerkungen, sie regen mich zum Nachdenken an. Das Buch wird geschrieben werden. Noch schreibe ich nicht, ich schreibe grad was anderes. Bis dahin wird mein Sohn sicher kräftig aufgemischt haben, und die Dinge werden dann, systemisch betrachtet, an ihren rechten Platz gerückt werden.

Liebe Grüße, Solida
 
Hallo Solida,

viellecht noch ein kleiner Nachsatz:

Ich finde es grundsätzlich auch richtig gut, sein Leben aufzuschreiben. Nachgedacht darüber habe ich auch schon. Ich habe es dann wieder verworfen, weil ich dachte, es würde sowieso niemanden interessieren. Ich dachte damals eher an so ein richtiges Buch. Also mein ziemlich chaotisches, von verschiedenen komplizerten Beziehungen geprägtes Leben als Lektüre. Das schien mir dann so schwer, dass ich garnicht erst angefangen habe. Ich konnte mich weder für die Zeit noch für die Erzählweise (ich Form, oder mit Erzähler) entscheiden.

Die Ansätze den Kindern zu erklären, wie es sich früher gelebt hat, z.B. mit Ofenheizung, Badeofen, Außenklo, festen Bürozeiten ab 7.15, ohne Katalogbestellungen, ohne Telefon, das könnte ich mir auch gut vorstellen. Wenns ums Heizen geht, dann müsste ich weglassen, dass ich es als ungerecht empfunden habe, dass meine Schwester mit 15 unser Zimmer heizen musste, nur weil sie als erste aufgestanden ist. Ich fand immer, dass das mein Vater hätte machen müssen, weil er auch so fast nichts im Haushalt gemacht hat. Das sind dann Wertungen und die erwecken Parteinahme. Der Fakt heißt lediglich: "Meine Schwester hat jeden Morgen unser Zimmer geheizt". Die Bewertung und was der Leser daraus macht, liegt an ihm. Es sei denn ich will den Leser auf meine Seite ziehen. Das machen ja viele Schriftsteller. Spontan fällt mir die moderne Frauenliteratur ein.

Ich werde mich mal ein wenig mit dem Schreiben von Autobiografien beschäftigen. Was die Fachwelt empfiehlt und so.

L.G.
Timmi
 
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Hallo ihr Lieben,
das mit der Autobiografie für die Kinder finde ich eine tolle Idee. Ich selbst habe mit der Geburt meiner Tochter angefangen in unregelmäßigen Abständen Briefe an sie zu schreiben. Die werden alle verpackt und irgendwann einmal wird sie die Briefe erhalten. Wann, das weiß ich noch nicht, vielleicht zur Hochzeit oder zur Schwangerschaft... Mal sehen wie sich das alles entwickelt. Selbst wenn sie die Briefe niemals erhalten sollte, es tut gut, sich so einiges von der Seele zu schreiben, was man zu dem jetzigen Zeitpunkt einfach nicht sagen kann (in meinen Fall halt, weil meine Tochter es noch nicht versteht). Das Schreiben an sich ist für mich das Wichtige und nicht, ob meine Tochter es später interessieren wird oder nicht. Das wird sich zur gegebenen Zeit zeigen.
 
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