Ehevertrag unmoralisch?

Obelix

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17 Juni 2021
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Hallo Zusammen,
ich bin gerade etwas irritiert.
Meine Fast-Frau und ich wollen / wollten dieses Jahr heiraten. Wir sind beide um die 40 Jahre alt und für meine Fast-Frau wäre das bereits die zweite Ehe. Meine Fast-Frau hat einen fast volljährigen Sohn aus der ersten Ehe den ich mit vollem Herzen in meine Familie aufgenommen habe. Wir wohnen in meiner abbezahlten Wohnung in Hamburg. Soweit so gut ... Friede, Freude, glücklich .... Bis zu dem einen Tag
Meine Eltern haben ein abbezahltes Häuschen im Hamburger Süden. Ihr Lebenswerk, mein Elternhaus. Und irgendeines fernen Tages wird es evtl. in meine Hände übergehen. Bei den derzeitigen Immobilienpreisschwankungen wäre ein Szenario durchaus möglich, dass diese Immobilie einen solche Wertsteigerung erhält, dass ich deren Hälfte bei einer Scheidung (Zugewinngemeinschaft) an meine Fast-Frau auszahlen müsste. Es wäre denkbar, dass ich diese Hälfte gar nicht auszahlen könnte und gezwungen wäre mein Elternhaus zu verkaufen bzw. es zwangsversteigert werden müßte. Für mich ist dieses Haus keine Wertanlage. Es hat für mich einen emotionalen Wert und egal ob es irgendwann mal 50 Cent oder 50 Mrd Euro Wert ist ich möchte es schon meinen Eltern zu liebe / zu ehren niemals zerfleddern müssen.
Aus diesem Grund habe ich meiner Fast-Frau vorgeschlagen in einem Ehevertrag mein Elternhaus auszunehmen. Sie selber verfügt über eine Wohnung in Warschau die ich ebenfalls in einer Gütertrennung ausnehmen wollte. Die Wohnung in der wir leben ( zu der sie überhaupt keinen Beitrag geleistet hat) und natürlich auch jede andere Zugewinne würde ich im Fall der Fälle natürlich teilen. Nur diese Elternhaus ist mir heilig.
Ihre Reaktion war derart verständnislos und heftig dass ich nun etwas an meiner eigenen Wahrnehmung und Einschätzung zweifle.
Habe ich hier etwas so unmoralisches gefordert? Ich möchte sie ja nicht über den Tisch ziehen, auf ihrem Rücken Karriere machen während sie für evtl. Kinder sorgt oder ähnliches, ich möchte nur sicherstellen, dass diese Haus an dem so viele Erinnerungen liegen und an dem sie überhaupt keinen Beitrag geleistet hat niemals zerfledert wird.
Ich würde mich sehr über Eure Antworten freuen
 
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Ich finde Dein Anliegen grundsätzlich verständlich.

Ich würde es ihr so erklären: eine Ehe ist in jedem Fall ein rechtlicher Vertrag, man kann sich nur entscheiden den vom Staat vorgefertigten Vertrag zu unterschreiben oder man kann seinen eigenen, individuellen Vertrag (=Ehevertrag) machen. Der zweite Teil einer Ehe ist die Romantik, nur machen viele Menschen den Fehler ausschliesslich den romantischen Teil zu sehen.

Kann es sein, dass ihr noch zu wenig miteinander über eure Werte gesprochen habt? Nicht die materiellen. Ich finde, die Leute heiraten viel zu schnell. Und wenn nicht weitgehende Übereinstimmung bei den Werten besteht und bei dem, was einem wichtig ist, oder zumindest ausgiebig darüber gesprochen wurde dann führt das langfristig zu Riesenproblemen.
 
Hallo Obelix,

so wie Walter, sehe ich es auch.

Gerade in der letzten Woche hat meine Tochter ihren langjährigen Freund geheiratet. Meine Tochter ist Anwältin und verdient sehr gut, wesentlich mehr als ihr Mann. Zudem ist er ein paar Jährchen älter. Als die Beiden sich entschlossen haben zu heiraten, habe ich sie mal gefragt, was sie denn von einem Ehevertrag halten. Sie hatten das bereits geklärt und in die Wege geleitet, wie sich herausstellte.

Mein Schwiegersohn war anfänglich auch wenig begeistert von einer "vertraglichen Regelung der Liebe", wie er meinte. Er ist eher der romantische Typ. Aber nach einer Weile des Überlegens, war er einverstanden.

Auch mein Mann und ich haben einen Ehevertrag. Ich finde das nur vernünftig - und sehr beruhigend. Mein Mann und ich sind seit 39 Jahren verheiratet.

Vielleicht solltet ihr euch auch einmal bei einem Anwalt informieren. Bevor ihr beim Standesamt den Vertrag für euer weiteres, gemeinsames Leben unterschreibt, solltet ihr euch, über eure Wertvorstellungen (materielle und immaterielle) unterhalten. Es ist wichtig da auf einen gemeinsamen Level zu sein. Wie Walter es schon schreibt, ohne da auf einer Höhe zu sein, bekommt ihr über kurz oder lang Schwierigkeiten.

Alles Gute dir!

Clara
 
Ich dachte Erbe und was was vor der Ehe dir gehört ist ohnehin aussen vor. Ohne Ehevertrag wird der Zugewinn, der während der Ehe entstanden ist, geteilt falls man sich wieder scheiden lässt.

Ihre Wohnung bleibt ihre Wohnung und deine bleibt deine; es sei denn du überschreibst ihr eine Hälfte. Mit dem Erbe ist es genauso, was du erbst ist deins, was sie erbt ist ihres.
 
Ja, das ist richtig. Das Erbe gehört, in diesem Fall die Immobilie, dem Erben. Ist allerdings eine Wertsteigerung zu erwarten, gehört dieser Mehrwert beiden Ehepartnern, weil es zum gemeinsam erworbenen Vermögen gezählt wird. Ohne Ehevertrag wird das gemeinsam erworbene Vermögen bei einer Scheidung geteilt.

So habe ich es jedenfalls mal verstanden.
 
Ich danke Euch ganz herzlich für Eure Antworten. Ihr habt mir Stabilität in meiner Einstellung zu diesem Thema gegeben.
1. Eine Ehe ist aus rechtlicher Sicht immer ein Vertrag. --- Warum soll man dann ausgerechnet einen Vertrag wählen der ein Risiko für die eigene Zukunft darstellt?
2. Thema Werte: Wenn eine Beziehung am Thema Ehevertrag zerbrechen sollte, dann ist dies nur ein Indikator für fehlende gemeinsame Werte. In diesem Fall würden noch 1000 weitere Themen auf das Paar warten die ebenfalls konfliktbehaftet wären. --- Wäre das eine gute Basis?

Zu der Problematik mit Erbe und Zugewinngemeinschaft:
Natürlich muss man das Erbe in einer Zugewinngemeinschaft nicht teilen. Aber man muss den Zugewinn teilen der aus einem Erbe entsteht / entstehen könnte.
Beispiel: Man erbt ein Haus im Wert von 100€. Nach 15 Jahren haben sich die Immobilienpreise verändert und das Haus hat einen Wert von 102€. Im Falle einer Trennung wären die 2€ der Zugewinn den man teilen müsste. In der entfernteren Vergangenheit war dies kaum ein Problem, da die Immobilienpreise etwas stabiler waren.
So wie sich aber in den letzten 10 Jahren die Immobilienpreise verhalten, hätte das geerbte Haus für 100€ heute einen Wert von 200€ oder 300€. Das bedeutet, allein der Zugewinn hätte eine derartigen Größenordnung, dass man dafür früher die Immobilie selber hätte kaufen können. Im Falle einer Trennung (Zugewinngemeinschaft) wäre man verpflichtet diesen Zugewinn zu teilen. Wenn man diesen Betrag nicht auszahlen kann, hat man als letzte Wahl nur noch die Möglichkeit die Immobilie zu verkaufen um aus diesem Erlös den Zugewinn nach einer Trennung auszugleichen.

Vielen Dank
 
Ein Nachtrag:
Als ich vor knapp einem Jahr dieses Thema eröffnete sah ich mich in der glücklichsten Beziehung meines Lebens. Endlich war ich angekommen. Hatte die Seelenverwandte gefunden mit der ich den Rest meines Lebens glücklich zusammen sein wollte. Friede, Freude und 110% prozentige Harmonie.
Ein völlig neues und überwältigendes Gefühl für mich, mit der permanenten Sorge als baldiger Ehemann alles richtig zu machen.
Aber tief in mir schlummerte die Sache mit dem Ehevertrag. Dieser blöde Ehevertrag paßte so gar nicht in das Hoch was ich gerade gemeinsam zu erleben glaubte. Lange unterdrückte ich das Thema, fand für mich selber Ausreden und Rechtfertigungen das Thema ruhen zu lassen. Soll ich dieses unvorstellbare Glück wirklich riskieren? Ist das wirklich so wichtig? Vielleicht übertreibe ich ja nur? Vielleicht steigere ich mich da irgendwo hinein?
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heute: 1 Jahr später
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Wir sind nicht verheiratet. Die Beziehung steht kurz vor dem Aus. Die räumliche Trennung ist nur noch eine Frage der Zeit.
Unabhängig zum Thema Ehevertrag sehe ich mich mittlerweile einer derartigen Menge an Drohungen, Unterstellungen, Verunglimpfungen, Ausgrenzungen und Anfeindungen aus der ganzen Familie ausgesetzt, dass ich jeden Tag mit dem einen positiven Gedanken aufwache:
!!! Zum Glück habe ich auf diesen Ehevertrag bestanden !!!
Wenn ich sehe was im Moment alles gegen mich ausgespielt wird möchte ich nicht wissen wie diese Ehe gegen mich ausgeschlachtet worden wäre.

Es wurde als Argument bereits in einer der vorangegangen Antworten gebracht, aber ich möchte es hier wirklich noch einmal hervorheben:
Wenn Ihr zum Thema Ehevertrag unterschiedlicher Meinung seid ist das ein wichtiger Indikator dafür, dass Eure grundlegenden Werte nicht übereinstimmen. Die Übereinstimmung Eurer grundlegenden Werte sind aber die Grundvoraussetzung für eine (funktionierende) Beziehung.

In meinen Worten kurz und knapp:
Wenn der Partner das Thema Ehevertrag kategorisch ausschließt, dann liebt er Dich nicht sondern dann will er das Häuschen Deiner Eltern.

Vor einem Jahr dachte ich noch ich verlange etwas unangebrachtes. Ich hätte mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können wie sich der Wind drehen kann. Und er hat sich gedreht, schlimmer als erwartet, in vielerlei Hinsicht.

Wenn Euch ein Ehevertag wichtig ist, dann besteht darauf, bleibt bei Euch und hört einzig und allein auf Eurer Bauchgefühl.
Wenn danach ein völlig anderer Wind weht, macht Euch keine Vorwürfe sondern dankt Eurem Bauchgefühl, dass es Euch gerettet hat.
Denn dort wo bereits das Thema Ehevertrag zu einem echten Problem zu werden scheint, da lauert noch viel mehr Unheil.
 
Hallo Obelix,
es freut mich für Dich daß Du Deine Einstellung zum Ehevertrag beibehalten hast, allerdings wenn die Liebe den Bach wegen dem Vertrag runter geht hat da einiges in der Beziehung nicht gestimmt.

Ich wünsche Dir Kraft und Durchhaltevermögen und alles Gute!
 
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