"Machtkampf" um Verständnis

sultaneh

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30 Oktober 2007
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Hallo,
mir ist etwas für mich noch nicht völlig Nachvollziehbares passiert. Es geht um einen langjährigen Freund (40 Jahre, Single) , den ich auch real kenne, mit dem ich jedoch wegen der ca. 600 km Entfernung meist via Messenger/Email usw kommuniziere. Seit einiger Zeit ist das Thema "Verständnis" hochgekocht und ich fühlte mich irgendwann total überfordert, da er aus meiner Sicht zuviel Verstehen einforderte, da es eine emotionale Nähe erfordert die ich als "nur" Freundin nicht geben wollte und die meiner Meinung nach auch einen zu grossen Anspruch an einen anderen Menschen darstellt.
Freitag hatte ich den Chat mit F. einfach abgebrochen, weil er nen total miesen Ta.g erwischt hatte. Er war verbal total am rumflippen, hatte zuviel getrunken aus Frust und war ziemlich aggressiv auf die böse Welt zu sprechen.(Nicht denken, das kommt ständig vor, es war halt ne Ausnahmesituation der ich mich im Chat dann entzog) Irgendwo machte er mir Angst, als er sagte, er hätte ne ganze Flasche Caipi intus und ich fürchtete, beim ersten falschen Wort von mir könnte es Streit geben. Also brach ich ab und lies ihn im Regen stehen.
Gestern meinte er, ich hätte ihn ja ablenken können, damit er sich beruhigt, dass ich einfach abbracht, machte ihn erst recht wütend.
Ich wiederum fühlte mich unverstanden, weil er nicht hinterfragte, warum ich mich unwohl fühlte und warum er mir Angst machte. Er meinte, ich sollte inzwischen wissen, dass er nichts hinterfragt. - Ja tolle Wurst, so geht man nicht mit Freunden um.
Jedenfalls hatten/haben wir beide da unsere eigene Sicht der Lage: er meinte, ich sei schwierig und würd mir nur die Rosinen herauspicken anstatt mal zu versuchen ihn zu beruhigen oder abzulenken. ( - wieso soll ich das tun?)
Aus meiner Sicht soll ich immer nachgeben und mich ihm und seinen Launen anpassen.
Schliesslich meinte ich, warum geben wir nicht zu, dass wir einfach zu viele Reibungspunkte haben, um eine Freundschaft hinzubekommen?
Er fands bedauerlich, dass ich "so schnell aufgebe" aber ich sah nicht ein, dass ich ne Art von "Beziehungsarbeit" leisten soll, ein emotionales Verständnis, das in eine Partnerschaft gehört NICHT in eine Freundschaft.
Da hab ich mich deutlich abgegrenzt, und meinte, wir sollten einsehen, für uns kommt nur eine Begegnung auf Basis einer Bekanntschaft infrage.
Eine Freundschaft geht zu sehr in die Tiefe und wenn man immerzu nur das Gefühl hat, nicht angenommen zu werden so wie man ist, sich jedoch nicht völlig aus den Augen verlieren will, dann ists doch die beste Lösung.
Naja, passiv wie er nun mal ist, hat er nicht gegen gehalten sonder akzeptiert, dass ich den Schritt zurück gehen möchte.
Zum Schluss meinte F. noch, "wir halten uns eh nicht dran, jede Filmszene wird x-mal gedreht" doch momentan hab ich einfach keine Lust mehr mich unverstanden zu fühlen und das Feedback zu bekommen, ich verstehe nicht.
Da würden wir uns nur im Kreis drehen.
Mich hatte traurig gemacht, unterstellt zu bekommen ich sei eine sehr schwierige Person und F. möchte nicht wissen, wieviele Freunde in den letzten Jahren abgesprungen sind.
Fand ich net fair, erstens stimmt dass nicht und viele mögen mich, weil ich so "lieb und freundlich bin" und zweitens sind solche Spekulation nicht hilfreich wenn es um Lösungen geht.
Jeder Mensch möchte so akzeptiert werden, wie er nun mal ist, doch man kann es auch manchmal übertreiben und es kann auch eine Mauer sein zu sagen "ich bin halt so, wems nicht passt der kann ja gehen".
Mir hatte er oft vorgeworfen, ich würde ihn nicht verstehen, doch wenn ich seine Mauern hinterfragte, blockte er ab. Wenn ich ihm widersprach und meinte, er könnte sich doch mal bissi anpassen, um nicht immer anzuecken, dann wurde es mir als verändern wollen ausgelegt.
Andererseits, wenn ich einfach ich bin und so wie Freitag geschehen und einfach aus der Situation gehe ( ist meine Art, wenn es mir zu eng wird), dann ists Essig mit dem Annehmen des anderen so wie er ist.
Heute nun steh ich quasi vor den Trümmern einer 8 jährigen Freundschaft und bin immer noch ratlos.
Der Grund für meinen Post hier ist nun die Frage, ob jemand schon mal einen ähnlichen "Machtkampf" um Verständnis mitgemacht hat, und was überhaupt alles schief gelaufen sein muss, dass eine Freundschaft daran zerbricht.
Danke fürs zulesen.
 
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AW: "Machkampf" um Verständnis

Ja auch langjährige Freundschaften zerbrechen (leider)...
im Laufe der Jahre verändert sich Vieles,man kann sich nicht mehr mit dem anderen indentifizieren,man entwickelt sich weiter oder schlägt andere Richtungen ein und der andere kommt damit nicht klar!

Bei mir war es eine 15jährige Freundschaft die zerbrochen ist,es hat einfach nicht mehr gepaßt.
Irgendwann bin ich mal nicht mehr mit dem "Strom" mitgeschwommen,bin meinen eigenen Weg gegangen,hab meine Meinung vertreten....aus meiner Sicht genau richtig,nicht mehr immer der Ja Sager zu sein...für die andere Partei war das nicht zu verkraften.

Macken haben und Fehler machen wir alle,aber wenn Dir jemand erzählen will wie Du Dein Leben zu gestalten hast,Dir Deine Zeit einteilen will usw...da hört für mich der Spaß auf

Auch ein "Nein" oder eine andere Meinung muß mal akzeptiert bzw. respektiert werden,ansonsten macht es keinen Sinn!
 
AW: "Machkampf" um Verständnis

Hallo Sultaneh,

auch bei mir sind Freundschaften nach 10 Jahren oder mehr auseinander gegangen.
anstatt mal zu versuchen ihn zu beruhigen oder abzulenken. ( - wieso soll ich das tun?)
Freunde tun das.
ich sah nicht ein, dass ich ne Art von "Beziehungsarbeit" leisten soll
Auch eine Freundschaft ist eine Art Beziehung. Klar muss man hier Beziehungarbeit leisten.

Wie definierst du Bekanntschaft, wie Freundschaft und wie eine Liebesbeziehung?
 
AW: "Machkampf" um Verständnis

@ bschmiddi75

Seh ich auch so, man muss auch mal deutlich "nein" sagen dürfen.

@ Handwerkprofis

Dass man in einer Freundschaft auch ne Art von Beziehungsarbeit leisten muss, seh ich ein. Vielleicht hat mein Kumpel zuviel von mir gefordert, so wie ich früher von ihm. Es gab eine Zeit, da wollte ich merh von ihm, aber er schloss eine Liebesbeziehung aus. Wir hatten es dann im Laufe der Zeit geschafft, dennoch Freunde zu sein, obwohl ich schon aufgeben wollte wegen der Gefühle" für ihn, mit denen ich ja allein da sass.
Seitdem bin ich innerlich distanzierter gewesen und äusserlich ruppiger. Ich wollte da nicht zuviel freundscahftliche Nähe aufkommen lassen. Seit einiger Zeit nun kam von einer Seite halt öfters die Rekalmation, ich würde ihn nicht verstehen. Andererseits darf ich nichts hinterfragen und Fehler machte ja angeblich immer ich.
Ich fühlte mich letzen Freitag einfach überfordert, wie ich ja schon beschrieben hatte und zog mich zurück.
Um deine Frage zu beantworten:
Bekanntschaft, dass geht nicht so tief wie Freundschaft, eine Bekanntschaft führt man mehr an der Oberfläche, da werden nicht so tiefschürfenden Dinge besprochen, die geistig-seelische Distanz ist grösser.
Freundschaft beinhaltet weit mehr, es ist eine Art geistig-seelischer Liebe aus meiner Erfahrung heraus.
Liebesbeziehungen, nun, die sind ja im Idealfall an eine gemeinsame Zukunft gekoppelt, da ist viel mehr Nähe und Intimität als in einer Freundschaft.

:)
 
AW: "Machtkampf" um Verständnis

Oh je, von Thema kann ich ganze Arien singen.
Seit einigen Jahren verbindet mich auch eine Freundschaft zu einem Mann. Wir schaffen es keine drei Tage ohne heftige Auseinandersetzungen um Verständnis, um Macht um Rücksicht um was weiß ich. Ich mag ihn sehr, irgendwie liebe ich ihn auch, kann mir aber eine Beziehung nicht vorstellen. Damit ich nicht ständig leide, habe ich den Kontakt deutlich reduziert, der kreuzt nämlich sonst ständig durch mein Hirn und Herz.
Finde deine eigene Stellung zu dem Mann heraus und überlege was du an Zeit, Gedanken und Energie in diese Beziehung stecken willst und halte dich dran, egal was er will. Es geht doch um dich! Wäre mein Tip.
Also Beziehungsarbeit ist auch in Freundschaften wichtig, egal ob Mann/Frau oder Frau/Frau. Davor weglaufen würde ich nicht, weil sie sehr viel über einen selber heraus finden lässt. Ich gebe nicht auf mich mit dieser sehr schwierigen Freundschaft auseinander zu setzen, weil ich am Ende auch viel über Beziehungen allgemein gelernt haben werde, das nützt mir sicher in einer neuen Partnerschaft.
LG
Elke
 
AW: "Machtkampf" um Verständnis

Freundschaft, Beziehung, Liebe ...

ich verstehe nicht wie eine Freundschaft aufrechterhalten werden kann, wenn ich das Gegenüber nicht sehe.

Im Net ist sowieso alles anders.

Freundschaft ist für mich, den anderen zu sehen, mit ihm zu sprechen und auch Gefühle zu zeigen. Im Net geht das alles nicht.

"Finde deine eigene Stellung zu dem Mann heraus und überlege was du an Zeit, Gedanken und Energie in diese Beziehung stecken willst und halte dich dran, egal was er will. Es geht doch um dich! Wäre mein Tip."

Dieser Tip von Stranläufer ist eine wunderbare Sache, damit ins Reine zu kommen!
 
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@ strandläufer

Danke dir, für deine Worte. Sie zeigen mir, dass ich gar nicht so allein bin mit meinen Herausforderungen/Problemen die einen das Leben oft stellt, gell.
Inzwischen hat sich der Sturm verzogen, und auch die Kommunikation flutscht wieder. mein Kumpel hat sich wirklich bemüht und es machte mir wieder Spass, mich mit ihm zu unterhalten.
Ja, über meine eigenen Stellung innerhalb der Freundschaft habe/hatte ich mir Gedanken gemacht und darum mich auch distanziert, als ich für mich selbst das Gefühl hatte, man(n) verlangt zuviel von mir.
Vielleicht war ich teilweise im Unrecht, denn es stimmt ja was du sagst mit der Beziehungsarbeit in Freundschaften. (dadurch hab ich eine supertolle Freundin zum Geschenk bekommen, und das, obwohl wir zwei Anläufe brauchten in den vergangenen 14 Jahren :liebe1:)
Dein Satz: "Ich gebe nicht auf mich mit dieser sehr schwierigen Freundschaft auseinander zu setzen, weil ich am Ende auch viel über Beziehungen allgemein gelernt haben werde, das nützt mir sicher in einer neuen Partnerschaft."
hat mich berührt. Denn er beschreibt sehr treffend die vergangenen Jahre. :)
Ich bin auch nicht so der Typ, der schnell aufgibt, doch wenn es mir zu eng wird, dann entziehe ich mich schon mal. Meine Freundin meinte, das sei eine Schütze-eigenart wenns zu eng wird. Keine Ahnung, ich komme meist wieder zurück, wenn ich mich nimmer "eingesperrt" fühle.


@ Spätzin

Dir auch danke sage für deine Antwort.
Also ich seh meine Familie ein oder zweimal im Jahr real, übers Jahr halten wir durch Mails oder das Telefon Kontakt.
Genauso ists mit dem oben beschriebenen Freund und auch mit meiner liebsten Freundin. Das Schicksal hat uns zwar über ganz Deutschland verteilt, dennoch kann man auch mit wenigen realen Kontakten eine Freundschaft führen.
Wenn es sich um ne reine Inetfreundschaft handeln würde, dann wäre ich auch geneigt zu sagen, da fehlt doch das Zwischenmenschliche.

Liebe Grüssle von Sultaneh :)
 
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