Merkmal Problem mit Nähe - narzisstisch oder nicht?

jenaj

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Hallo,
ich habe ganz frisch eine Diagnose bekommen, die mich verwirrt. Vielleicht hat jemand hier Erfahrungen mit meinem Problem gemacht? Zunächst die Erklärung:
Ich habe ein Problem mit Nähe. Es ist so, dass ich mich oft über mich selbst ärgere, wenn ich jemandem etwas persönliches von mir erzählt habe. Und zwar gilt das für Menschen, die ich eig. zu meinen engen Freunden zähle, denen ich vertrauen kann und mit denen ich relativ viel Zeit verbringe, und unter denen gilt das nur für manche und zwar meist für Männer, also meine männlichen Freunde. Das Problem habe ich auch, wenn ich meines Erachtens viel Zeit mit ihnen verbracht habe und die Gespräche und Atmosphäre nicht gerade sehr oberflächlich war. Ich habe dann das Gefühl, ich muss die Nähe mit Distanz wieder ausgleichen, und ich habe oft so einen Groll auf die jeweiligen Personen! Ich möchte sie dann überhaupt nicht sehen, ich bin irgendwie sauer, weil ich das Gefühl habe a) sie hätten sich mir "viel zu sehr" genähert und b) ich habe das zugelassen. Ich bin dann auch unwirsch und unfreundlich. Das Verhalten habe ich mittlerweile besser in den Griff bekommen, aber das Gefühl ist dasselbe, seit Jahren schon, und es wird eher mehr als dass es abnimmt. Das gleiche gilt übrigens für Beziehungen: Nähe muss durch zeitliche, räumliche, körperliche und/oder thematische Distanz ausgeglichen werden.

Was Freunde angeht, wäre das nicht eigentlich so schlimm; man meldet sich dann halt eine Weile nicht. Aber mein Mitbewohner, eig. ein guter Freund, bekommt es auf unschöne Weise zu spüren. Und dieser - um zum Anfang zurückzukommen - hat jetzt aufs gründlichste über Monate mit einem Therapeuten gesprochen und mich geschildert, und dieser ist sich "absolut, völlig 100% usw." sicher, dass ich ein narzisstisches Denken und Verhalten an den Tag lege. Ich weiß - Diagnose eines Dritten, der mich nicht kennt usw...schwierig! Aber wenigstens drüber nachdenken muss ich wohl. Ich muss dazu sagen, dass ich mich in allem anderen, all den bekannten, typischen Merkmalen eines Narzissten quasi überhaupt nicht wiederfinde! Ich habe vielleicht andere Gestörtheiten, bin aber schlicht keine Narzisstin. Auch mein Mitbewohner, der mich recht gut kennt, hält mich nicht dafür. Auch mit Selbstwertgefühl hat das alles nichts zu tun; das ist bei mir gesund (weder aufgeblasen noch verringert) und immer schon sehr stabil.
Ich schreibe "quasi", weil ich mich in folgenden narzisstischen Punkten wiederfinde: a) ich kann und will mich nur sehr schwer auf Beziehungen einlassen (aber das hat vielleicht auch andere Gründe?) b) ich selbst leide vielleicht unter gewissen Konsequenzen meines Distanzverhaltens, aber nicht unter dem Verhalten selbst (es leiden also die anderen, wenn überhaupt) c) ich habe das Verhalten immer als zu meiner Persönlichkeit gehörig betrachtet, nicht als Störung (wobei es mich manchmal schon auch nervt!) d) ich durchaus manche Erfahrungen gemacht habe, die Narzissmus schüren können.
Ich möchte noch hinzufügen, dass ich das Näheausgleichsbedürfnis auch besonders bei Leuten habe, die mir selbst wenig Grenzen aufzeigen und anscheinend gar nichts gegen viel Nähe haben. Gerade mein Mitbewohner hat ein gigantisches Nähebedürfnis und obwohl er meine Grenzen respektiert, nicht im geringsten aggressiv ist und mich partout nicht nerven möchte, zeigt er mir halt überhaupt keine Grenzen. Im Gegenteil, an ihm kann ich mich überhaupt nicht reiben, er ist wie eine Gummiwand, er überlässt mir alle Entscheidungen, er ist bereit alles zu nehmen, was ich ihm gebe (nein, er "begehrt" mich nicht) und versucht mir alles rechtzumachen - kurz, wenn da jemand Grenzen zeigen muss, dann bin das nun mal ich.

Da man recht wenig über Nähe-Distanz-Probleme beim Narzissten zu lesen kriegt, möchte ich gern wissen, ob dieser Diagnose-Typ denn wohl recht damit hat, mein Verhalten als narzisstisch einzuordnen?
Oder wie Narzissten unter euch mit Nähe/Distanz umgehen, wie sie sich dabei fühlen? was diejenigen von euch dazu sagen können, die Narzissten erlebt haben?
Würde mich sehr über hilfreiche Antworten freuen!
 
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AW: Merkmal Problem mit Nähe - narzisstisch oder nicht?

Hallo,

ein Narzist ist jemand, der in sich selbst verliebt ist. Wüßte eigentlich nicht, was das mit Nähe und Distanz direkt zu tun haben soll. Aber ich bin kein Fachmann.

Beziehung kann nur im Sinne von Verantwortung für andere gemeint sein. Das tut ein Narzist nicht, der verwendet alles für sich selbt.
Distanz ist dann narzistisch, weil man mit sich selbst so beschäftigt ist, dass man mit keinem etwas teilen will.

Meiner Meinung nach hast du da irgendwas aus deiner Kindheit abbekommen. Aber nichts, was man nicht lösen könnte :)

Hoffe, das hilft ein wenig.
 
Distanz = Narzissmus?

Also ich kenne niemanden, der mich ernsthaft als Narzissen bezeichnen würde, kenne aber dein Problem aus eigener Erfahrung.

Auch wenn andere es nicht so sehr spüren - manchmal nach einem Gespräch wollte ich mir am liebsten in den Hintern treten, weil ich einem anderen "zu viel" von mir erzählt habe.
In der nächsten Zeit ist mir dann der Kontakt mit den jeweiligen Personen ziemlich unangenehm, aber ich versuche immer, dass nicht so sehr zu zeigen.
Inzwischen ist das bei mir allerdings zurückgegangen da ich gelernt habe, dass vieles am Ende gar nicht so schlimm ist. Jetzt ist es schon merklich besser geworden.

Denke allerdings, dass man solches Verhalten bei mir mehr auf Schüchternheit und Verschlossenheit zurückführt, wobei man mM nach damit ins Schwarze trifft.
Ich habe Probloeme damit, auf andere Leute zuzugehen, bin eher verschwiegen und habe auch nur wenig Freunde. Ich gehöre zu den Einzelgängern und kann mich auch sehr gut allein beschäftigen. Ich brauche dass sogar, da mir Gesellschaft schnell zu viel wird. Auch körperliche Nähe empfinde ich als eher unangenehm und wahre deshalb Distanz.

Natürlich weiß ich nicht wie dass bei dir ist, wenn du nicht so Probleme mit Gesellschaft hast wie ich ist das schon nochmal was anderes.

Zumindest halte ich dieses Verhalten nicht für eindeutig narzisstisch, erst recht nicht wenn dich derjenige, der die Diagnose machte, gar nicht persönlich kennt.
 
AW: Merkmal Problem mit Nähe - narzisstisch oder nicht?

Danke euch beiden!
Ja, ich habe auch das Gefühl, dass das Problem lösbar ist.
Ja, dreams, was du beschreibst, kann ich teilweise gut nachvollziehen. Ich bin auch gern und viel allein und ziehe meine eigene Gesellschaft so mancher anderer vor. Allerdings geht es bei mir nicht auf Schüchternheit und/oder Verschlossenheit zurück. Auch ich würde sagen, dass ich etwas gelassener geworden bin.
Aber kennst du/ihr das Phänomen vor allem bei Leuten, die selbst anscheinend keine Grenzen zeigen? Ich habe herausgefunden, dass es bei mir vor allem bei Freunden vorkommt, bei denen ich das Gefühl habe, sie hätten nichts gegen mehr Nähe (unterschiedlicher Art) und ringen vielleicht sogar um eine besondere Position bei mir. Sodass man das Gefühl hat, man ist allein dafür verantwortlich, was in der Freundschaft geht und was nicht, und das Problem ist, dass man dafür ja immer die Kontrolle behalten müsste. Was nicht geht, also hat man diese "nahen" Momente und muss diese hinterher ausgleichen.
 
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AW: Merkmal Problem mit Nähe - narzisstisch oder nicht?

Hallo Jenaj!

Ich würde sagen Du hast erkannt dass Du Probleme mit Nähe hast. OK - das ist toll, denn jetzt hast Du die Wahl: Gehst Du die für Dich nötige Distanz ein, die Du eben brauchst, weil das bei Dir so ist, oder möchtest Du fähiger werden mehr Nähe zulassen zu können. Du hast die Wahl :)

Aber bitte - lass Dir keinen Unsinn einreden von wegen narzisstisch und so .... Dieses Nähe vermeiden können braucht der Mensch ja auch - es geht ja nur darum in einer Beziehung, Partnerschaft, Freudschaft Nähe zulassen zu können - bei Kollegen zB ist es oft besser man verschließt sich etwas - kommt natürlich auf das Kollegium an - aber Du weißt was ich meine ...

Ja - wenn Dein Mitbewohner kein Problem mit Nähe hat, warum sollte er dann Grenzen setzen? Diese muss schon der setzten, der Nähe vermeiden möchte - finde ich :)

Liebe Grüße!
Elladana
 
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