Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Ypsilon

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26 Mai 2008
Beiträge
81
Hallo liebes Forum,

ich sehe bei meinem 15jährigen Sohn ein großes Problem, mit dem ich überhaupt nicht umgehen kann. Seit einiger Zeit fällt mir auf, dass er zunehmend, sehr versteckt (vor mir), aber doch eindeutig eine sehr rechte Einstellung in Bezug auf Ausländer einnimmt. Wahrscheinlich schaukeln sie sichin der Clique gegenseitig hoch, wie das immer so ist, und ich habe keinen Einfluss mehr. In diesem Alter ist die Meinung fest, und Eltern sind ja sowieso doof. Dazu kommt, dass ich mich bisher nicht besonders um Politik gekümmert habe und seinen Argumenten nicht viel entgegenzusetzen habe (und selbst wenn ich gute Argumente hätte, würde es nichts mehr nützen, glaube ich....). Der Zug ist abgefahren und ich weiß nicht was tun. Wenn ich das seinem Vater sage, merke ich, dass er damit auch total überfordert ist, da er sich mit ihm sowieso nicht richtig identifizieren kann.
Ich habe auch ganz allgemein das Gefühl, dass bei Jugendlichen sich eine Gefahr von rechts zusammenbraut.

Habe mir überlegt, dass es das beste wäre, mit der Lehrerin darüber zusprechen, wie man das in den Unterricht miteinbeziehen könnte, auch um überhaupt zu sehen, wo die stehen und die Diskussion an die Oberfläche zu bringen.
Habt Ihr Ideen an wen ich mich sonst noch wenden kann?

Er wirft mir vor, ich hätte keine Ahnung wie es da draußen zugeht - damit hat er teiweise recht, auch deshalb, weil ich mich nicht in "solchen Kreisen" bewege, wo ich verstärkt auf ausländische Gruppen treffen würde. Und ob es generell so ist, dass Gepöbel und Aggression v.a. von Ausländern ausgeht kann ich nicht beurteilen (bitte um Quellen zu dem Thema).

Es tut außerdem weh, dass gerade das eigene Kind so sehr in eine andere Richtung geht, als die Werte, von denen man selbst überzeugt ist....

Oder vielleicht ist es auch eine pubertäre Phase des Protestes.


Und natürlich mache ich mir auch Vorwürfe, dass ich ihn zusehr sich selbst überlassen habe etc etc. Aber die Dinge sind so wie sie sind, und wer weiß, ob es auch bei mehr "Führung" nicht trotzdem so gekommen wäre...

Ich bin traurig und ich habe Angst, um die Zukunft meines Sohnes, um die Jugend die sich zusammenrottet und extrem wird, und um die Menschen.

Verzweifelte Grüße,
Ypsilon
 
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AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Liebe Ypsilon,
du wirfst dir vor vielleicht nicht genug für deinen Sohn dagewesen zu sein. Tue jetzt das richtige und rede mit Menschen, die das richtig einschätzen können, was dein Sohn da treibt. Wenn er wirklich nach rechts tendiert und ist irgendwann mal bei einer ernst zu nehmenden Straftat beteiligt, dann machst du dir zu recht großeVorwürfe. Er ist ERST 15 Jahre, also noch nicht zu ende entwickelt, er steckt mitten drin in seiner Identitätsentwicklung, hilf ihm den richtigen Weg zu gehen. Übernimm deine Verantwortung.
Das wäre meine Meinung!
LG
Elke
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Liebe Strandläufer,
Strandläufer;210638 schrieb:
Liebe Ypsilon,
du wirfst dir vor vielleicht nicht genug für deinen Sohn dagewesen zu sein. Tue jetzt das richtige und rede mit Menschen, die das richtig einschätzen können, was dein Sohn da treibt.

das sehe ich auch so. Wer kann das richtig einschätzen? Lehrer, Jugendarbeiter, vllt Jugendberatungsstelle...

Danke für deine Meinung,
Ypsilon
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Tja da stehen wir dann wieder da! :)
Wer ist geeignet wirklich einzuschätzen was nun gefährdend ist und was nicht. Jugendarbeiter haben sicher in diesen Belangen den größten Erfahrungsschatz, psychologisch ausgebildete Menschen könnten sicher am ehesten einschätzen ob dein Sohn letztendlich Gewalt tolleriert und ggf. selber ausübt.
Die Person, die den Sohn am besten kennt, bist du.
Hast du ernsthaft Sorge, dann renn allen möglichen Stellen die Bude ein, bis du das Gefühl hast wirklich verstanden zu werden. Das kostet Kraft, verhindert aber möglicherweise schlimmes.
Alles Liebe für dich
Elke
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Liebe Ypsilon!

Elke hat da sicherlich recht - es ist schwer, das als Außenstehender (oder oft auch als Eltern) einschätzen zu können, wie gefährlich das tatsächlich ist.

Meine Älteste kam in dem Alter auch mit diesen Sprüchen an, ich war innerlich entsetzt. Wir hatten deshalb auch öfters Diskussionen, bei denen herauskam, dass sie im Grunde genommen keine Ahnung von dem hatte, was sie da von sich gab. Das war einfach nachgeplappert. Und in manchen Gesprächen konnte man gut mit ihr darüber reden, in manchen war sie einfach nicht zugänglich.

Es war für mich auch schwer, da mitzureden - denn ich war nicht am Abend mit Jugendlichen unterwegs und der Problematik ausgesetzt... Und ich glaubte ihr, dass diese Einstellung nicht von ungefähr kam - da war viel, viel Angst dahinter.

Heute ist sie 20 und diese Themen Vergangenheit. Aber mit 15 oder 16 machte ich mir schon Sorgen.

Aber das dürfte das Alter mit sich bringen. Mein LG, der damals auch entsetzt war und ihre Meinung nicht nachvollziehen konnte, sieht sich jetzt genau derselben Problematik ausgesetzt mit seinem Sohn, der grade 15 wird. Auf einmal kommen genau diese Themen aufs Tapet, auf einmal klopft er auch diese Sprüche.....

Vielleicht ist das einfach eine Phase, wo viele Jugendlichen durchmüssen - ob das dann tatsächlich gefährlich wird, hängt vielleicht auch davon ab, wie man als Elternteil darauf reagiert. Ich stand auf dem Standpunkt, dass ich artikuliere, dass ich anderer Meinung bin - aber ich meinte, ich akzeptiere ihre Angst und ihre Ansichten.

Denn viel mehr ging in dem Alter einfach nicht. Mag sein, dass es bessere Wege gibt, mit dem Thema umzugehen - ich wusste keinen anderen. Bei mir hat es sich dann tatsächlich in Luft aufgelöst. Ob das immer so funktioniert, weiß ich auch nicht....

Ist eine schwierige Phase - man kann so viel verkehrt machen. Redet man zuviel dagegen, wird sich diese Einstellung nur verstärken, zuschauen und gewährenlassen kann man aber auch nicht.

Darum denke ich, der Mittelweg wird noch der beste sein: Verständnis signalisieren, sich das wirklich anhören, was hinter dieser Meinung steckt und sagen, wie man selbst darüber denkt.

Mit den Lehrern reden finde ich auch eine gute Idee. Oder in der Schule mal einen Elternabend zu dem Thema veranstalten.

Liebe Grüße
Reinfriede
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Liebe Reinfriede,

danke für deine Antwort - sie hat mich insofern etwas beruhigt, als diese Art die Welt zu sehen vielleicht auch eine Zeiterscheinung der Pubertät ist. Wenn es nur wahr ist und wenn man wüsste, dass es wieder vorübergeht so wie bei deiner Tochter....Es ist natürlich auch ein Unterschied, ob ein Mädchen mit sowas ankommt oder ein Schrank von einem männlichen Jugendlichen mit 1.90und ca.90 kilo... Bei Jungs ist die Aggressionsbereitschaft einfach noch mal deutlich höher als bei Mädchen, und ich kann den Ernst der Lage nur schwer einschätzen.
Habe vorhin mit der Klassenlehrerin einen Termin vereinbart, das ist zumindest ein Anfang. Alleine als Eltern hat man keine Chance, aber wenn das Umfeld ein bisschen für das Thema sensibilisiert wird, kann das kein Schaden sein.
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

...Ich war noch nicht fertig......bin wohl auf eine falsche Taste gekommen :clown:

Es war für mich auch schwer, da mitzureden - denn ich war nicht am Abend mit Jugendlichen unterwegs und der Problematik ausgesetzt... Und ich glaubte ihr, dass diese Einstellung nicht von ungefähr kam - da war viel, viel Angst dahinter.

Das finde ich ungeheuer interessant: Die Angst als Motor für das Ganze - wenn ich mir meinen Großen so vorstelle, wenn er darüber redet - ja, das könnte sein, und da wäre ich nicht draufgekommen; das wäre ein ganz anderer Ansatz...Und da es sowieso für die Katz ist, zu versuchen zu überzeugen, bringt es vielleicht was, die andere Ansicht gelten zu lassen (fällt schwer!) und so den Jungen überhaupt zu sehen!
Danke für die gute Idee.

Lieben Gruß,
Ypsilon
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Hallo,

der Film "Die Welle" ist neu verfilmt raus gekommen. Wie wär´s damit? Wir wurden den in der Pubertät von der Schule zwangsbeglückt. Das war gut so. Ebenso "Die Kinder vom Bahnhof Zoo".
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Das finde ich ungeheuer interessant: Die Angst als Motor für das Ganze - wenn ich mir meinen Großen so vorstelle, wenn er darüber redet - ja, das könnte sein, und da wäre ich nicht draufgekommen; das wäre ein ganz anderer Ansatz...Und da es sowieso für die Katz ist, zu versuchen zu überzeugen, bringt es vielleicht was, die andere Ansicht gelten zu lassen (fällt schwer!) und so den Jungen überhaupt zu sehen!
Danke für die gute Idee.

Lieben Gruß,
Ypsilon

Ja, die Angst....geht uns ja genauso oder? "Dem Fremden" trauen wir z.B. zu, dass er unsere Kinder missbraucht, dem Nachbarn, den wir kennen oder sogar den eigenen Verwandten würden wir soetwas niemals zutrauen. Und trotzdem passiert es fast immer im eigenen Umkreis...

Und wir wurden als Kinder noch vorm "bösen schwarzen Mann" gewarnt. Das Angstmachende, das Böse, das ist immer bei denen, die wir nicht kennen. Das ist eine menschliche Grundangst.

Wenn Dein Sohn z.B. einen türkischen Freund hätte, hätte er keine Aggressionen mehr gegen Türken (jetzt als Beispiel).

Was wir nicht kennen, das macht uns gerne Angst - und Angriff ist die beste Verteidigung.

Und in der Pubertät, wo alles im Wandel ist und die Unsicherheit um sich greift, wirken dann rechte Sprüche besonders verlockend, weil sie scheinbar Sicherheit vermitteln.

Aber wenn die Angst fehlt, fehlt auch die Abwehrhaltung.

Den Vorschlag mit dem Film oder das Buch "die Welle" finde ich übrigens super. Den kann man auch gut in der Schule zeigen (war bei meinen Mädels im Unterricht dran).

Liebe Grüße
Reinfriede
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Hallo Reinfriede, Strandläufer und Handwerkprofis,

seit 3 Tage möchte ich euch antworten und finde keine Zeit....aber jetzt klappts endlich!

Ich hatte mittlerweile ein gutes Gespräch mit meinem Großen.
Habe ihn auch auf "die Welle" angesprochen - das hatten sie mit der ganzen Klasse im Kino angeschaut und er fand den Film gut.
Wir haben uns zwanglos und in guter Atmosphäre unterhalten, und ich war froh zu sehen, dass er nicht ganz so schwarz-weiss denkt wie ich meinte. Er unterscheidet schon zwischen den Ausländern, die sich hier eingliedern und denen, die herumpöbeln und, wenn sie in der Gruppe sind, provozieren. Auch hat er in seinem Bekanntenkreis Türken, mit denen er sehr gut auskommt, was ich sehr gut finde, denn Vorurteile werden nur durch persönliche Erfahrungen gemildert, glaube ich.
Ich habe ihn auch darauf angesprochen, dass hinter den Aggressionen möglicherweise einfach Angst steht, und zu meinem Erstaunen sagte er: Stimmt eigentlich, so hatte er das noch nie gesehen.
Ich glaube, ich konnte nur so mit ihm reden, weil ich keinerlei Druck gemacht habe, sondern wirklich wissen wollte, wie er fühlt ohne ihn überreden zu wollen - und das hätte ich ohne eure Ideen nicht geschafft...
Am Montag habe ich einen Termin mit der Klassenlehrein zu diesem Thema, wobei ich glaube, sie haben sich mit dieser Thematik auf jeden Fall schon auseinandergesetzt, trotzdem...

Möchte mich nochmal für eure tollen Beiträge bedanken...:)

Gruß,
Ypsilon
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Liebe Ypsilon!

Das freut mich, dass es so eine schöne Richtung genommen hat...ich wünsch Dir weiterhin viele schöne Erfahrungen und bestmögliche Harmonie mit Deinem Jungen!

Liebe Grüße
Reinfriede
 
AW: Rechtes Gedankengut bei Jugendlichen

Super!!!! Ich freue mich für euch! :liebe1:
 
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Hallo liebes Forum,

ich sehe bei meinem 15jährigen Sohn ein großes Problem, mit dem ich überhaupt nicht umgehen kann. Seit einiger Zeit fällt mir auf, dass er zunehmend, sehr versteckt (vor mir), aber doch eindeutig eine sehr rechte Einstellung in Bezug auf Ausländer einnimmt. Wahrscheinlich schaukeln sie sichin der Clique gegenseitig hoch, wie das immer so ist, und ich habe keinen Einfluss mehr. In diesem Alter ist die Meinung fest, und Eltern sind ja sowieso doof. Dazu kommt, dass ich mich bisher nicht besonders um Politik gekümmert habe und seinen Argumenten nicht viel entgegenzusetzen habe (und selbst wenn ich gute Argumente hätte, würde es nichts mehr nützen, glaube ich....). Der Zug ist abgefahren und ich weiß nicht was tun. Wenn ich das seinem Vater sage, merke ich, dass er damit auch total überfordert ist, da er sich mit ihm sowieso nicht richtig identifizieren kann.
Ich habe auch ganz allgemein das Gefühl, dass bei Jugendlichen sich eine Gefahr von rechts zusammenbraut.

Habe mir überlegt, dass es das beste wäre, mit der Lehrerin darüber zusprechen, wie man das in den Unterricht miteinbeziehen könnte, auch um überhaupt zu sehen, wo die stehen und die Diskussion an die Oberfläche zu bringen.
Habt Ihr Ideen an wen ich mich sonst noch wenden kann?

Er wirft mir vor, ich hätte keine Ahnung wie es da draußen zugeht - damit hat er teiweise recht, auch deshalb, weil ich mich nicht in "solchen Kreisen" bewege, wo ich verstärkt auf ausländische Gruppen treffen würde. Und ob es generell so ist, dass Gepöbel und Aggression v.a. von Ausländern ausgeht kann ich nicht beurteilen (bitte um Quellen zu dem Thema).

Es tut außerdem weh, dass gerade das eigene Kind so sehr in eine andere Richtung geht, als die Werte, von denen man selbst überzeugt ist....

Oder vielleicht ist es auch eine pubertäre Phase des Protestes.


Und natürlich mache ich mir auch Vorwürfe, dass ich ihn zusehr sich selbst überlassen habe etc etc. Aber die Dinge sind so wie sie sind, und wer weiß, ob es auch bei mehr "Führung" nicht trotzdem so gekommen wäre...

Ich bin traurig und ich habe Angst, um die Zukunft meines Sohnes, um die Jugend die sich zusammenrottet und extrem wird, und um die Menschen.

Verzweifelte Grüße,
Ypsilon

die meisten menschen, die stark von einer sache überzeugt sind, lassen sich auch auf gespräche über das thema ein, du könntest ihn also fragen ob er dir "seine" vorstellungen wiedergibt.
auch wenn du mit den vorstellen nicht übereinstimmst, verurteile diese vorstellungen nicht.
ich denke er wird die argumente bringen, dass die ausländer die arbeitsplätze wegnehmen, dass sie faul und kriminell sind.
hinter diesen argumenten steckt eine angst. vielleicht könntest du ihn zeigen, dass hinter all diesen vorstellungen angst steckt.
du könntest ihn fragen wieso er denkt, dass nur die menschen, die in dem land in dem er geboren wurde, das recht auf hilfe erhalten sollten.
oft ist es hilfreich, wenn du ihm hauptsächlich fragen stellst. dadurch kann ihm einiges bewusst werden, indem er es selbst sagt. denn vielleicht wird er bei den argumenten die du bringst, abschalten.
 
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