Warum schaffe ich kein ausgewogenes Mass an Nähe und Distanz?

yertico

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23 August 2011
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Endlich... habe ich mir gedacht, mache ich alles besser. Aber es wiederholt sich.
Zum Hintergrund: Meine Ex-Frau trennte sich damals von mir, weil ich einfach zu viel Nähe abverlangte. Nach der Scheidung erkannte ich, dass ich zu oft ihren Anforderungen zu entsprechen versuchte. Ich war immer da, wenn sie mich brauchte, zuverlässig, verständnisvoll, der Traum aller Schwiegermütter. Mit der Zeit begann sie, meine Art zu hassen. Sie war oft abweisend und trotzdem war ich ihr nie böse - zumindest zeigte ich es ihr nicht. Natürlich ging mir das an die Nieren, es belastete mich, war oft traurig und schien dadurch wahrscheinlich noch hilfloser. Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus und trennte sich von mir.
Die Trennung liess mich dann aufhorchen, ich arbeitete an mir, wurde wieder ich selbst und war voller Tatendrang. Meine Erscheinung wurde für die Frauen wieder attraktiv und ich hatte dann auch keine Probleme, neue Frauen kennen zu lernen. Ein schönes lockeres Leben, so dachte ich. Kam es zu einer Beziehung, waren die Frauen von mir hingerissen. Sobald ich jedoch merkte, dass sich das Blatt wendete, beendete ICH die Beziehung. So konnte ich mir sicher sein, dass ich nicht noch einmal so enttäuscht werde.
Dann lernte ich meine jetzige Partnerin kennen, alles begann perfekt. Ich wollte nicht mehr fliehen und arbeitete von Beginn an an der Beziehung. Nun, jetzt nach gut zwei Jahren habe ich das Gefühl, dass ich ihr zu viel werde. Wieder kommt ein ähnliches Gefühl hoch, dass ich abgewiesen werde, ihr mein Nähe-Angebot zu gross ist. Eigentlich habe ich meine Intensität nicht erhöht, sondern einfach beibehalten. Mir ist klar, dass es mehrere Phasen der Liebe gibt. Mir scheint es, dass ich eine andere Zeitschiene habe als all die Frauen.
Wir haben bereits darüber diskutiert und sie kommt (noch) klar damit und gibt mir klar zu erkennen, wann es zu viel wird. Aber es beunruhigt mich, weil ich es nicht selbst regeln kann. Ich weiss genau, wenn ich versuche, gegen meinen natürlichen Drang anzukämpfen, dämpfe ich meine Empfindungen und werde selbst abweisend. Weil ich sie liebe, werde ich das nicht tun können. Meine Angst ist gross, dass ich wieder auf die gleiche Art in ein Beziehungsende rassle. Hat jemand eine ähnliche Erfahrung gemacht und dieses Problem gelöst?
 
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Ich hab ähnliche Erfahrungen gemacht - und das Problem insofern jetzt nicht in der Art gelöst, wie du es hier erhoffst zu lesen - ich für mich hab nach der 3. Scheidung einfach kein sonderliches Interesse mehr dran, wirklich mit jemanden zusammen leben zu wollen.

Für mich ist meine Lösung - sollte es jemals wieder zu so etwas wie einer Beziehung kommen - getrennte Wohnungen - glückliche gemeinsame Stunden, wo wir nur für einander da sind - hab ich aber noch nicht ausprobiert, weil momentan ist mein Singledasein so abwechslungsreich und intensiv, dass ich eh gar keine Zeit für ne fixe Partnerschaft hätte.

Warum schreib ich trotzdem hier? Weil mich dieser Satz förmlich angesprungen war:

Meine Angst ist gross, dass ich wieder auf die gleiche Art in ein Beziehungsende rassle.

Das ist das grössere Problem an deiner Geschichte - die Angst davor, wieder ent.täuscht zu sein - und genau diese Angst zieht eine ähnliche Art von Ende an. Was ich persönlich in den langen Jahren, die ich schon auf dieser unserer Mutter Erde wandle, gemacht habe ist

Energie folgt der Aufmerksamkeit

Das, worauf ich meine Aufmerksamkeit richte - dorthin geht mein ganzes Denken und Fühlen - und meine ganze Energie - wenn dies Angst vor einem Beziehungsende ist - dann programmiere ich dieses Beziehungsende förmlich selbst vor.

Mein Tipp - überleg dir, was du gerne STATT DESSEN hättest - konzentriere dich darauf, wie es weiter gehen könnte und sollte - stell dir vor, wie ihr in 30 Jahren händchenhaltend über die Wiesen wandert - oder was auch immer - lenke die Energie in das, was du wirklich möchtest.

Wünsche dir viel Freude und ein erfülltes Leben in trauter Zweisamkeit.
 
Energie folgt der Aufmerksamkeit

Das, worauf ich meine Aufmerksamkeit richte - dorthin geht mein ganzes Denken und Fühlen - und meine ganze Energie - wenn dies Angst vor einem Beziehungsende ist - dann programmiere ich dieses Beziehungsende förmlich selbst vor.

Mein Tipp - überleg dir, was du gerne STATT DESSEN hättest - konzentriere dich darauf, wie es weiter gehen könnte und sollte - stell dir vor, wie ihr in 30 Jahren händchenhaltend über die Wiesen wandert - oder was auch immer - lenke die Energie in das, was du wirklich möchtest.

Wünsche dir viel Freude und ein erfülltes Leben in trauter Zweisamkeit.

Wirklich schön und richtig aufgeschrieben, alle Achtung! :)

Hi yertico,
hast Du schon mal was von der sich selbsterfüllenden Prophezeiung gehört?
http://de.wikipedia.org/wiki/Selbsterfüllende_Prophezeiung

Liebe Grüße,
Blümerant
 
Lieber Yertico,

ein bisschen was fällt mir ein zu Deinem Problem, keine Ahnung obs für Dich passt, wenn nicht, dann ignoriere es einfach.

Nach der Scheidung erkannte ich, dass ich zu oft ihren Anforderungen zu entsprechen versuchte. Ich war immer da, wenn sie mich brauchte, zuverlässig, verständnisvoll, der Traum aller Schwiegermütter. Mit der Zeit begann sie, meine Art zu hassen. Sie war oft abweisend und trotzdem war ich ihr nie böse - zumindest zeigte ich es ihr nicht. Natürlich ging mir das an die Nieren, es belastete mich, war oft traurig und schien dadurch wahrscheinlich noch hilfloser. Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus und trennte sich von mir.

In diesem Absatz stehen ein paar Dinge die andeuten Du könntest Dich in einer Beziehung eventuell zu sehr selbst verleugnen. Und damit meine ich nicht dass Du Dich zurückziehst um den anderen mit Deinem Nähebedürfnis nicht zu belasten, sondern schon vorher.

Achtest Du in der Beziehung auf Deine eigenen Bedürfnisse? Darf Deine Partnerin Dich als Mensch mit Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen kennenlernen? Darf sie sich mit Dir auseinandersetzen? Wenn es in einer Beziehung gar keine Reibungsfläche gibt, dann ist das meiner Meinung nach auch ein mögliches Indiz dafür, dass einer seine Bedürfnisse verleugnet (durchaus auch, ohne es selbst zu merken). Und wenn das geschieht, dann weiß der andere nicht, wen er überhaupt lieben soll - er bekommt nur ein perfektes, den Anforderungen entsprechendes "Konstrukt" gezeigt.
Konkretes Beispiel: Deine Ex war abweisend, aber Du hast ihr nie gezeigt, dass Dich das verletzt hat. Du kannst ja mal selbst beobachten, wie es sich bei Dir damit verhält. Ich wollte meinem Ex auch nie zeigen, wenn er mich verletzt hat. Ich wollte mir diese Blöße nicht geben, dass ich verletzlich bin. Ich habe ihm auch nie gezeigt, wenn ich mich über ihn geärgert habe. Weil es mir zu gefährlich war. Denn wenn ich sein Verhalten kritisiere, könnte er mich ja nicht mehr lieben :eek:

Aber ganz ehrlich, unsere Partner sind auf solche Informationen angewiesen. Sie brauchen sie. Und was war es, was mein Ex mir immer vorgeworfen hat? Dass er mich nicht spürt.

Ich glaube auch, dass man wenn man seine eigenen Bedürfnisse verleugnet, man sich tatsächlich gerne mal zu sehr an den anderen hängt.

In Deinem anderen Thread schreibst Du, dass andere sagen Du wärst sehr authentisch und selbstbewusst. So habe ich selbst mich immer empfunden (und auch bei mir sind Freundschaften immer auf meine eigene Initiative angewiesen). Heute weiß ich, ich war sehr, sehr kontrolliert und für die anderen nicht greifbar.

Lebt Ihr zusammen, Du und Deine Freundin?

lg
B.
 
Konkretes Beispiel: Deine Ex war abweisend, aber Du hast ihr nie gezeigt, dass Dich das verletzt hat. Du kannst ja mal selbst beobachten, wie es sich bei Dir damit verhält. Ich wollte meinem Ex auch nie zeigen, wenn er mich verletzt hat. Ich wollte mir diese Blöße nicht geben, dass ich verletzlich bin. Ich habe ihm auch nie gezeigt, wenn ich mich über ihn geärgert habe. Weil es mir zu gefährlich war.

auweia - du hast da jetzt grad meine letzten beiden Ehen beschrieben - in beiden hab ich einige Zeit einfach nur funktioniert - und als ich das nicht mehr konnte und wollte wars auch vorbei - wobei in 2. Ehe (von 3) hat sich dann das Blatt komplett gewendet - und er wollte sich dann meiner Lebensweise anpassen - was ich überhaupt nicht vertragen hab.

In 3. Ehe dann kam ziemlich bald das Ende, nachdem ich erkannte, dass ich schon wieder beginne zu "funktionieren" - weil dem war es schlichtweg egal, was meine Bedürfnisse waren - der suchte schnell mal seine Ruhe, indem er sich ne neue Freundin zulegte, die willig war - statt auch nur ansatzweise zu zu hören, was ich gebräucht hätte.

Und beinah hätte ich den selben "Fehler" wieder gemacht - aber der wollte das gottseidank eh nicht :) Wobei ich letztens auch mit einer lieben Freundin diskutiert hab drüber - und da kamen wir genau auf das als Endergebnis - und auch als Glaubenssatz, den wir ablegen durften - nachdem wir ihn erkannten:

Denn wenn ich sein Verhalten kritisiere, könnte er mich ja nicht mehr lieben :eek:

Wobei bei uns gehts noch weiter - es geht nicht nur um das kritisieren des Verhaltens des anderen - sondern überhaupt, uns selbst zu zu gestehen, dass wir Bedürfnisse haben dürfen, auch, wenn wir in einer Beziehung leben.
 
Vielen Dank euch allen für den wirklich guten Input.

@ ChrisTina: Ich müsste es ja eigentlich wissen, dass der Satz"Energie folgt der Aufmerksamkeit" stimmt und kann es nur bestätigen. Nach der Scheidung beschäftigte ich mich intensiv damit und konnte auch Bestätigung finden. Eine Weile lang lebte ich sogar bewusst nach diesem Prinzip und zog tatsächlich nur noch positive Ereignisse an, so auch meine jetzige Liebe. Aber leider habe ich mittlerweile vergessen, bewusst danach zu leben, wurde wieder bequem, denn es ging ja alles gut und liess es einfach wieder geschehen. Und beim ersten Problem kam mein altes Verhaltensmuster hoch. Ich werde mich wieder dem Prinzip der Aufmerksamkeit beschäftigen müssen und denke, es wird wieder funktionieren wie in den letzten paar Jahren. Gut, dass du mich daran erinnerst hast! Ich habe am falschen Ort gesucht.

@ blumerant: Das kann ich nur bestätigen (siehe oben).

@ Bachstelze: Es ist etwas dran, was du schreibst. Im Prinzip möchte ich die totale Freiheit (was nicht heisst, dass ich mit anderen Frauen ..., etc, nein, offene Beziehung kommt bei mir nicht in Frage). Meine Partnerin lässt dies auch zu, weil sie selbst danach lebt. Aber dann kommt wieder mein grosses Bedürfnis nach Nähe und gemeinsamer Zukunft. Beides ist in 100%iger Form nicht möglich, also schwebe ich irgendwo dazwischen.
Wir leben nicht zusammen und sehen uns mehr oder weniger nur am Wochenende, was auch ein Grund ist, warum man sich mehr als andere nach einem Zusammenkommen sehnt. Es funktioniert so eigentlich ganz gut, wenn nur nicht diese negativen Gedanken hochkommen würden.
Auch denke ich, dass ich eine Schwäche für die Perfektion habe. Nicht dass ich das von meiner Partnerin erwarte, eher von mir als Partner, als Mitmensch, der Zustand meines Lebens. Vielleicht sollte ich einfach mal auch meine Schwächen zeigen. Wie man aus dem anderen Thread herauslesen kann, wirke ich auf die Mitmenschen eher zu perfekt. Ich habe wohl noch viel Arbeit vor mir ;-)
Ich weiss, wie man über mich spricht, weil Freunde mithorchen und mir berichten. Aber wer will schon perfekte Menschen, die keine Ecken und Kanten zeigen, an denen man sich reiben kann. Danke für deine Worte!
 
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