Wo soll da der Sinn sein?

Immano

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5 Januar 2014
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Bei meiner Trennung vor über 3 Jahren begann ich, an Gott zu glauben und mehr oder weniger regelmäßig sonntags in die Kirche zu gehen, und versuche außerdem seither, ein Leben in der Liebe statt wie bisher in der Angst zu führen.

Vor 4 Monaten allerdings habe ich einen Sorgerechtsstreit um unsere beiden Kinder (10 und 8) verloren, und die Mutter ist mit ihnen mehrere hundert Kilometer von mir weggezogen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich angefangen zu zweifeln: Was soll das für ein Gott sein, der mir etwas so Grausames antut? Wo soll der versteckte Sinn dahinter sein, den ich "nur noch nicht erkennen kann"? So schrecklich, wie ich mich seitdem jeden Tag fühle, das *kann* keinen versteckten Sinn haben! Das ist einfach nur ungerecht. Ich fühlte mich vom Schicksal betrogen um das, was mir eigentlich "rechtmäßig zusteht".

Ich ging nicht mehr zum Gottesdienst, weil ich diesem grausamen Gott, der mich so furchtbar folterte, nicht mehr begegnen wollte. Aber nach und nach wurde es immer finsterer in meinem Leben, und ich wurde immer kraftloser. Ich weinte jeden Tag mehr und wurde immer verzweifelter. Meinen Weinen verwandelte sich mit der Zeit immer mehr von einem wütenden Schrei in ein jammerndes Winseln. Mein ganzes Leben besteht nur noch aus Traurigkeit und Verzweiflung.

Da es so nicht weitergehen konnte, beschloss ich, zum neuen Jahr den guten Vorsatz zu fassen, jetzt wieder öfter in die Kirche zu gehen, da ich ohne diese "Krafttankstelle" offenbar nur noch dahinsieche und immer tiefer falle. Heute war es soweit. Es fiel mir schwer mich zu überwinden, zumal ich Angst hatte, mitten im Gottesdienst plötzlich loszuheulen, was mir peinlich wäre. Zum Glück konnte ich aber schon vorher zuhause weinen, so dass sich das für die nächsten Stunden erstmal erledigt hatte. Ich ging also wie geplant hin.

Als ich dann dort saß, merkte ich, wie sehr ich mir Gott in meinem Leben zurück wünsche. Ich war auch nicht mehr nachtragend, sondern ich glaubte wieder, dass alles, was uns im Leben passiert, auch dies, einen Sinn hat, der sich mir möglicherweise später, möglicherweise auch nie, offenbaren wird. Und ich glaubte wieder, dass Gott es gut mit mir meint und mir dadurch etwas Wichtiges zeigen möchte.

Auf dem Rückweg fiel mir sogar eine konkrete Theorie ein: Vielleicht besteht der Sinn darin, dass mir bewusst wird, wie sehr ich meine Kinder liebe, damit unsere Liebe weiter gefestigt wird. Sollten die Kinder eines Tages wieder bei mir leben, was mein größter Wunsch ist, wäre ich mit der jetzigen schmerzhaften Erfahrung möglicherweise dann auch mehr in der Lage, die Zeit, die ich mit meinen Kindern verbringen darf, mehr zu würdigen, und jeder Tag mit den Kindern würde doppelt so viel zählen wie ohne diese Erfahrung! Vielleicht soll unsere Liebe aber auch deshalb jetzt gefestigt werden, weil sie in der Zukunft auf eine harte Probe gestellt wird! Vielleicht bin ich aber auch völlig auf dem falschen Dampfer, ich weiß es nicht.

Ich hoffe, es gibt wirklich für alles einen Sinn, und ich rede mir das nicht nur ein! Und ich hoffe, dass ich eines Tages verstehen werde, warum das passieren musste, warum ich so leiden musste!
 
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Hallo, grüsse dich Immano!

Ich habe eine komplett andere Einstellung. Ich denke, dass Problem ist, dass Gott so gesehen wird, als eine Persönlichkeit die alles erschaffen hat, die führt und ein unfehlbares und richtiges Gerechtigkeitssystem hat und wenn wir etwas nicht verstehen, trösten wir uns damit, wir verstehen eben dieses unfehlbare System nicht.

Ich glaube am Anfang war riesige Energie, die sich selber verstanden hat, daraus Leben entstehen zu lassen, aber diese entwickelte keine Systeme oder Wertigkeiten, diese Wertigkeiten entwickeln wir uns für uns selber. Auch dieser Grundenergie gaben wir Wertigkeiten wie Gebote, wie es sein muss, an denen wir uns orientieren sollten.

Du selber gibst dir bereits Sinn. Du schreibst, wenn die Kinder wieder bei mir sein sollten, werde ich jeden Augenblick besonders geniessen, es auskosten. Einen Leidensweg hat dir nicht gott mitgegeben um sein System zu verstehen.

Leiden, Glück Unglück ist das Leben selber. Das ist die Energie und die Energien ist alles was lebt immer schon dagewesen ist und immer leben wird.

Dieser Grundenergie, die sich selber Leben gab, an denen können wir keine Ansprüche stellen, lasse Gerechtigkeit walten, mache etwas so oder so, greife ein. Du selber gibst dir Sinn, wie kann ich für mich selber dennoch Gutes erkennen, wie kann ich damit leben und auch glücklich werden.

Ich bin ein Mensch der gelegentlich eine Kirche besucht, eine ganz bestimmte aus einem bestimmtem Grund. Weil ich mich irgendwie verbunden fühle von Energie die einmal in einem Körper gewesen sind und wenn es unerwartet Hilfe gibt, so wie man sagt es gibt Schutzengeln, so stelle ich mir vor, dass es Energie ist die verbindet, aber nicht eine einzelne Persönlichkeit die ein Universum erschaffen hat.

LG
Ritter Omlett
 
Hallo Immano,

für mich "wohnt" Gott nicht in der Kirche. Und er ist auch nicht dazu da, meinem Leben einen Sinn zu geben (falls es ihn denn gibt). Das muß ich selber schaffen.

Ich bin katholisch erzogen und habe so manchen Gottesdienst - bzw. Messe - beigewohnt, doch Gott bin ich da nicht näher gekommen. Eigentlich eher im Gegenteil.

Glaube ist für mich auch keine "Lebenskrücke", die ich nutze, wenn es mir mal schlecht geht.

Wir haben einen evangelischen Pastor im Freundeskreis, den ich für seinen Glauben sehr bewundere. Sein tiefer Glaube, sein Gottvertrauen, läßt ihn stets ruhig und zuversichtlich wirken. Als er einmal sehr krank war, hat ihm dieser Glaube sehr geholfen wieder gesund zu werden.

Er hat die Krankheit für sich angenommen und sie akzeptiert. Aber durch seinen Glauben fand er auch die innere Kraft und Stärke gegen sie zu kämpfen.

Verstehst du den Unterschied? Er hat Gott nicht verantwortlich für seine Krankheit gemacht. Er hat ihn um Hilfe gebeten, damit er wieder gesund werden kann. Und er hat selber viel für seine Gesundung getan.

Ich wünschte, ich könnte Glauben für mich auch so leben. Aber ich bin da auch eher der Mensch, der gerne hadert und die Frage "warum ich? Was habe ich verbrochen, dass mir das passiert" stellt.

Kennst du dieses alte Gebet:

Gott, gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden.

Mir hat dieses Gebet in so mancher schweren Zeit sehr geholfen.

Was für dich unabänderlich ist und was für dich einen Kampf wert ist, das mußt du selber herausfinden. Das kann dir Gott nicht abnehmen.

Alles Gute für dich!
 
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Vor 4 Monaten allerdings habe ich einen Sorgerechtsstreit um unsere beiden Kinder (10 und 8) verloren, und die Mutter ist mit ihnen mehrere hundert Kilometer von mir weggezogen.

Und ich hoffe, dass ich eines Tages verstehen werde, warum das passieren musste, warum ich so leiden musste!

Hallo Immano,

das tut mir Leid, dass Eure Trennung eine so unglückliche Wende
genommen hat. Das ist sicher nicht einfach für Dich. Aber Du bist nicht
alleine in Deinem Kummer ... denn Deine Kinder teilen ihn mit Dir, davon
kannst Du ausgehen.

Was bringt es Dir, die Gerechtigkeit Gottes anzuzweifeln bzw. ihn für
Dein Leid verantwortlich zu machen? Ich glaube, Dir wäre mit einer
weit weniger pathetischen Sicht der Dinge viel mehr geholfen.

Schlimm genug, dass es überhaupt zu einem Sorgerechtsstreit gekommen
ist und das Gericht die Entscheidung treffen musste.

Ohne Details zu kennen, hat die Mutter nicht im Interesse des
Kindeswohles gehandelt, indem sie so weit weggezogen ist, dass ein
regelmäßiges Umgangsrecht mit Dir, dem Vater, dermaßen erschwert
wird. Ich kann Deine Verzweiflung sehr gut verstehen.

Trotzdem hast Du auch weiterhin bestimmte Rechte, und ich wünsche
Dir sehr, dass Du sie auch wahrnehmen kannst:

- das Recht, mit den Kindern zu verkehren
- das Recht, über wichtige, das Kind betreffende, Angelegenheiten informiert zu werden und sich dazu zu äußern.

Bleibe trotz der räumlichen Entfernung immer in Verbindung mit
den Kindern - auch in resonanzfreien Zeiten. Sie brauchen die Gewissheit,
dass ihr Vater nach wie vor präsent ist in ihrem Leben.

Ich hoffe, es gibt wirklich für alles einen Sinn, und ich rede mir das nicht nur ein!

Wenn Du einen tieferen Sinn in dieser Angelegenheit sehen willst, dann
wirst Du ihn auch sehen. Du hast ja selbst bereits "Theorien" geäußert.

Ich denke nicht, dass es einen Sinn hat. Vor allem Kinder brauchen derart
entzweiende Erfahrungen, die an ihrem Urvertrauen rütteln, bestimmt nicht.

Wenn Dich diese Krise dem Glauben und Gott näherbringt, dann ist das
ein (für Dich) guter und tröstlicher Nebeneffekt, aber (in meinen Augen)
stellt sich die Frage nach dem Sinn nicht.

LG
Lucille
 
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