Liebe Abendsonne,
ich habe deine Postings verfolgt.
Mir geht es im Moment ähnlich wie Dir - alle Aktivitäten und Freundschaften, um die ich mich bemühe, klappen einfach nicht.
Da ist meine vormals sehr gute Freundin, welche in diesem Jahr 50 geworden ist, mit der ich sonst wöchentlich 6 Stunden am Stück telefoniert habe, die nun kaum noch Interesse an mir hat, weil eine Exkollegin Anfang 40 einfach fit, schlank und aktiv ist und wie sie gerne Tanzveranstaltungen und sonstige Gruppenveanstaltungen mit Publikum unter 30 besucht.
Oder die Tagesklinik, deren Einladung zunächst so vielversprechend klang, deren Angestellte mich dann aber doch mit ziemlicher 'love it or leave it' Mentalität abgebügelt haben und nichts für mich tun wollen, bzw. können.
Oder ein paar meiner Bandkollegen, die mir fast das Gefühl geben, Ihnen mit meinem einfachen Hilfsangebot zum Umzug zu nahe zu treten.
Oder der Gesangsunterricht - früher ein Highlight meiner Woche - meine Lehrerin, welche jetzt Mama geworden ist, unterrichtet auf absehbare Zeit nur noch in einer anderen Stadt und hatte zuletzt wenig Mittel, mit mir aktiv an der Verbesserung meiner Schwächen zu arbeiten.
Dann mein anderer Lehrer, der - zack die Bohne! - allen anderen einen Auftritt beim Schülerkonzert zugedacht hat, aber mich nicht mal im Ansatz berücksichtigt.
Zudem die große Hitze, die mich in den vergangenen Wochen - wie viele andere auch - in allen Belangen arg zurückgeschraubt hat und die Frau aus meiner Gruppe, mit der ein Treffen einfach nicht klappen will.
Selbst das Thema mit der verletzten Milz ist nicht unbekannt, hatten die Ärzte doch vor langer, langer Zeit bei einer OP meinem Vater die Milz perforiert, was er fast nicht überlebt hätte. Und mir bei einem Eingriff ein Hämatom an der Milz verpasst, was mich in 2014 letztendlich durch Vertuschung und Fehlmedikation in die schlimmstee gesundheitliche Krise meines Lebens mit körperlichem und seelischem Zusammenbruch geführt hat.
Das alles kenne ich auch und obwohl das Thema mit den Freunden und der Klinik in mir riesiege Gefühle von Abgelehntwerden und verlassen sein ausgelöst hat, ist es auch ein Zeichen, dass ein tiefgreifender Wandel vorgeht, mit und in mir selbst.
Dass es ein Zeichen ist, dass alles Alte nicht mehr zu mir passt, alle Strategien, Wege, meine Arbeit, Freundschaften, denn es ist etwas zu Ende gegangen, ein jahrzehntelanger Abschnitt meines Lebens. Und offenbar akzeptiere ich das nun endlich, nach 5 Jahren ernster Krankheit von Körper und Seele. Und bekomme Schritt für Schritt ganz langsam die Kraft, gründlich aufzuräumen.
Das ist wie mit einem Mal eine Brille mit richtigen Stärken aufzusetzen - so sieht die Welt also aus! Neben meinem Schmerz und der Trauer, die noch nicht ausgestanden ist, befreit das komischerweise auch ungemein, Ich bin leergefegt und offen für neues.
Glaube ganz fest daran dass 'if one door closes, another one opens' und ich glaube auch, das ist nicht mehr lang hin. Komisch, dass all diese negativen Erfahrungen Optimismus auslösen.
Vielleicht befindest auch Du Dich in einem solchen Wandel? Deine Lebens-Veränderung ist ja von Außen angestossen worden, durch den Schicksalsschlag und die Lücke, welche der Magnet bei Dir und den Kindern hinterlassen hat. Das ist eine schlimme Zäsur für Euch, und da kommt die Trauer und lähmt für eine sehr, sehr lange Zeit, gerade, wenn die Bindung keine stringent erfüllende und schöne Beziehung gewesen ist.
Will sagen - als Frau, die 23 Jahre ihres Lebens mit suchtkranken Partnern zusammengelebt hat, habe ich nun vor längerer Zeit durch meinen Heilungsprozess die Augen geöffnet und erkenne - auch durch eine Selbsthilfegruppe Angehöriger und ehemals Angehöriger von Suchtkranken - was das alles mit mir gemacht hat und warum ich nicht die Kraft hatte, früher zu gehen und mein Leben zu leben, auch ohne einen Partner. Dazu war ich aber nicht stark genug, aus verschiedenen Gründen nicht.
Ich kann nur berichten, dass der Aufbau und das Stabilsieren meins persönliches Fundaments, welches ich auf dem dritten Bildungsweg mit Hilfe meiner Therapeutin und der Ereignisse um mich herum rekonstruiere, eine der besten und gesündesten Erfahrungen meines Lebens werden wird. Leider zu spät für verschiedene Themen wie die Gründung einer eigenen Familie.
Ich kann Dich nur ermuntern, Dich Deinem inneren Kind zuzuwenden, dass alles, was war einen schönen Platz bekommt, fein säuberlich zusammengefaltet und ordentlich verstaut, so dass die Schranktüren zugeklappt werden und der Weg wieder frei ist und Du aus Deinem dunklen Raum in die Sonne hinaus kannst. Nichts anderes und nichts weniger haben wir verdient!
Alles Liebe,
P.