Eine eigenartige Zeit...

Ceseena

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23 Februar 2005
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Guten Abend,

seit Wochen beschäftigt mich mein persönliches Umfeld in einer besonderen Weise, habe mir schon öfter Gedanken darüber gemacht und es dann doch wieder verdrängt, nicht zuletzt weil ich selbst ständig in Hektik bin. Und heute wieder so ein Ereignis. :(

Bei all meinen Freunden bzw. befreundeten Paaren kriselt es zur Zeit ganz gewaltig. Alles langjährige Beziehungen, meist verheiratet und Kinder, alle meinten den perfekten Partner für sich gefunden zu haben, haben Häuser gebaut ect. Und plötzlich gerät eine Beziehung nach der anderen ins Wanken bzw. in die Brüche – langsam wird das direkt unheimlich.

Wir sind auch untereinander alle miteinander bekannt bzw. eng befreundet und irgendwie stehe ich immer öfter dazwischen. Jeder erzählt mir sein Leid und ich verstehe alle (na ja, bis auf einige Ausnahmen, die eher auf einem reinen Egotrip sind) und fungiere immer öfter als „neutraler Gesprächsvermittler“. Irgendwie eine bescheidene Position. :rolleyes:

Werte, die vormals sehr wichtig für die betreffenden Personen waren, verlieren an Bedeutung und was alle gemeinsam haben (sind immerhin 6 Paare), das Gefühl etwas „verpasst zu haben“ oder „das kann doch nicht alles gewesen sein“ oder „so möchte ich nicht alt werden“ oder „wir können nicht mehr miteinander reden“ usw.

Was auch eigenartig ist, 4 der Männer sind auf einem reinen Egotrip, der 5. meint „alles im Griff“ zu haben. Und alle Frauen fühlen sich allgemein unverstanden, haben alle durchweg das Gefühl auf emotionaler Ebene völlig vereinsamt zu sein und dass sie sich weiter entwickeln und ihr Mann das nicht akzeptieren oder damit umgehen kann. Sie fühlen sich nicht respektiert und haben das Gefühl nur funktionieren zu müssen und kommen langsam aber sicher immer mehr zu der Erkenntnis, dass es ihnen ohne ihren Partner wohl besser ginge. So wie es aussieht alles nur noch eine Frage der Zeit…na ja und wohl auch der Kommunikationsfähigkeit.

Also ich finde das irgendwie total erschreckend. Vor allem, da sie alle Kinder haben, das tut mir am meisten weh. Was mich auch ein wenig ängstigt, zusehen zu müssen, wie Werte an Wertigkeit verlieren….und ich mache mir viele Gedanken, ob mir ähnliches passieren kann. Ob ich auch fähig wäre, das was mir bisher am Wichtigsten war und ist, vor etwas anderes zu stellen, einfach andere Prioritäten zu setzen. Hm, ich denke fähig wäre wohl jeder, das mit Sicherheit, aber ob man es dann wirklich tun würde?

Irgendwie beschäftigt mich das alles doch ganz schön und was auch befremdlich ist, ich kann mit jedem einzelnen von ihnen reden und fast jeder sagt zu mir, dass sie mit mir sehr gut darüber sprechen können und sie sich wünschen das mit ihrem Partner auch zu können. Doch der Knaller ist, dass ich mit meinem Partner auch nicht über alles reden kann….verrückt oder? Woran mag das liegen?

Ich meine mich belastet es nicht, dass ich nicht über alles mit ihm reden kann, zumindest bisher nicht, manches beredet man lieber mit der besten Freundin oder auch mal mit der Mom oder mit anderen Freunden, aber erstaunlich finde ich es schon. Wenn ich es mir so recht überlege, möchte ich auch gar nicht über alles mit meinem Partner reden, jeder hat so seine Interessengebiete und auch seine kleinen Geheimnisse ;) , ich finde es viel spannender sich Freiräume zu bewahren und dafür andere Berührungspunkte zu haben.

Trotzdem drängt sich die Frage auf, wie kann es soweit kommen, dass man dann gar nicht mehr miteinander reden kann, praktisch aneinander vorbei redet? Ist es ein schmaler Grat seine Persönlichkeit in einer Partnerschaft zu entwickeln, ohne sich voneinander zu entfernen? Ich glaube, ich beende das Thema erst mal an dieser Stelle, bevor ich mich hier weiter in meinen absonderlichen Gedanken verliere. ;)

Wünsche allen eine gute Nacht und schöne Träume,

liebe Grüße
Ceseena
 
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Hallo Ceseena!

Ich hatte vor 5 Jahren die Scheidung, mit drei Kindern und nach 15 Jahren. Die Trennung von einem Mann, bei dem ich mir nie hätte vorstellen können, dass ich mich eines Tages so weit von ihm entfernt hätte, dass ich nur noch weg wollte.

Wir konnten über alles reden, doch dann starb zuerst seine Mutter und kurz danach sein Vater. Ab da begann eine dramatische Veränderung bei ihm. Er wurde zum Gegenteil dessen, was er vorher war. Alles, was ihn so liebenswert gemacht hatte, kehrte sich ins Gegenteil. Zum Schluss stand ich nur noch schützend vor den Kindern und musste die Scheidung einreichen, weil die Situation für die Kinder meines Erachtens nach schlimmer war als "ohne Papa". Vor dem Tod seiner Eltern war er der liebevollste Vater, den man sich vorstellen kann.

Anfangs hatten wir noch versucht, zu analysieren, was da abläuft, wie er sich fühlt, was die Auslöser für sein Verhalten sein könnten, er wusste es nicht, wir konnten immer weniger miteinander reden, ohne dass eine Schallplatte ablief und keiner mehr dem anderen wirklich zuhörte.

Ich war damals ziemlich ratlos, denn ich dachte immer, ich könnte meinen Gefühlen und meinem Mann trauen. Ich hätte nie gedacht, dass sich ein Mensch in so kurzer Zeit so verändern kann. Oder war er immer schon so und ich hatte es nie "gesehen", wollte es nicht sehen? Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt.

Und ich denke, den Paaren, die in Deiner Umgebung sind, wird es ähnlich gehen. Staunend nimmt man wahr, dass man sich voneinander wegbewegt, ohne wirklich etwas dagegen tun zu können oder zu wollen.

Auch jetzt, Jahre später, weiß ich nicht, was unsere Beziehung hätte retten können, wie ich mich hätte anders verhalten können, um mich dem anzupassen, ohne dass meine Kinder Schaden davon getragen hätten.

Trotzdem: Heute bin ich irgendwie dankbar, dass ich diese Beziehung hatte. Sie war auch ein wunderschöner Teil meines Lebens, hat drei Kinder hervorgebracht und uns alle ein Stück weitergebracht.

Jeder von uns hat einen neuen Partner und wir gehen kameradschaftlich miteinander um, die Kinder lieben ihren Papa nach wie vor und haben jedes zweite Wochenende die Schokoladenseite ihres Papas.

In Summe ist, wie immer, was positives dabei rausgekommen. Wird bei Deinen Freunden sicher genauso laufen....

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Hallo Ceseena

in etwa lief es bei mir ähnlich wie bei Reinfriede. Nur gab es keinen Auslöser dafür wie der Tod der Eltern.

Auch ich bin dankbar für meine, nun geschiedene 22 jährige Ehe - die drei Kinder.

Dieses sich nichts mehr sagen können, mag daran liegen, daß sich jeder langsam und unbemerkt in eine andere Richtung entwickelt.
Meist kommt es daher - die Frau ist mit den Kindern beschäftigt, der Mann schafft das Geld ran. Zumindest in den meist klassischen Ehen wie ich sie z.B. auch führte.

Sind die Kinder größer steht man plötzlich dem Mann alleine gegenüber. Man hat sich nichts mehr zu sagen. Man hat versäumt sich aus der Routine, dem Alltag zu lösen.

Denke mir jedoch das ist für etwas gut. Mir hat es gezeigt, daß wir in Lebensabschnitten leben, die immer mit anderem Partner stattfindet.

Meine Ehe war dafür da mit meinem Exmann gemeinsam drei Kinder zu bekommen und großzuziehen.
Der Ursprung war Liebe.

Auch um mich herum zerbrechen viele langjährige Ehen. Mir tut das nicht weh. Die meisten Ehen zerbrechen an Unzufriedenheit - dem Gefühl das kann es doch nicht gewesen sein. Und recht haben sie.

Ja es ist ein schmaler Grat seine eigene Persönlichkeit zu entwickeln in einer Partnerschaft denn die meisten entwickeln sich in ein Abhängigkeitsverhältnis. Fatal

Was ich jedoch für sehr angebracht halte ist eine saubere klare Trennung. Vor allen Dingen wenn Kinder mit ihm Spiel sind.

Gruß Aroha
 
Aroha schrieb:
Mir hat es gezeigt, daß wir in Lebensabschnitten leben, die immer mit anderem Partner stattfindet.

Meine Ehe war dafür da mit meinem Exmann gemeinsam drei Kinder zu bekommen und großzuziehen.
Der Ursprung war Liebe.

Das sehe ich ähnlich, hast Du toll auf den Punkt gebracht!

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Liebe Reinfriede, liebe Aroha,

was mich gerade sehr berührt ist das mit dem Tod der Eltern, denn genau die gleiche Situation erlebe ich gerade als "Zuschauer" bei meiner Freundin. Na ja, es ist insgesamt noch etwas komplizierter, aber der Auslöser ist der gleiche.
Das wäre vor ein paar Monaten alles noch unvorstellbar gewesen, auch weil 2 kleine Kinder da sind. :(

Na ja, ich kann mir auch durchaus vorstellen, dass wir eher Lebensabschnittsgefährten haben, denn wirkliche Traumpaare kenne ich nur wenige und wenn, sind sie meistens schon älter und man weiß nicht so genau, wie ihr Leben wirklich verlaufen ist.

Wobei, zwei Paare (schon älter) fallen mir gerade ein...*lächel*...es ist eine Freude mit ihnen Zeit zu verbringen, man spürt immer diesen liebevollen Umgang miteinander, diese Vertrautheit, das Vertrauen, diese Verbundenheit. :)
Allerdings muss ich auch sagen, dass sie ganz bewusst daran arbeiten, sie legen viel Wert auf Gemeinsamkeiten, pflegen diese und verbringen viel Zeit miteinander.

So gesehen liegt es sicher auch an uns selbst, denn ich glaube kaum, dass einem das einfach so in den Schoß fällt? Der vermutlich größte Feind ist der Alltagsstress, wie Existenzängste, Verluste, Sorgen um die Kinder usw. In solchen Zeiten kann es wohl schnell passieren, dass man zu sehr mit sich selbst und seinen eigenen Ängsten beschäftigt ist und vielleicht den richtigen Zeitpunkt zum miteinander reden verpasst?

Ich weiß es nicht genau, aber was mich eben erschreckt, dass mein gesamtes persönliches Umfeld davon betroffen ist....komisch oder? Wenn wir uns treffen, fragen mich die Mädels schon öfter spassig, ob bei mir bzw. uns noch alles in Ordnung sei....so als würde eine ansteckende Krankheit umgehen. :rolleyes:

Wenn ich allerdings in meine Familie sehe, passiert in der letzten Zeit eher das Gegenteil....alle verbinden sich, sprich viele Hochzeiten und große Familienfeiern usw. Und auf jeder Feier gerate ich ins Kreuzverhör, wann ich denn endlich mal den großen Schritt tue. :rolleyes:

Na ja, ich werde einfach weiter versuchen mich nicht all zu sehr davon einnehmen zu lassen, wobei es nicht einfach ist, wenn ringsherum sich alles verändert und statt großen Schritten, mache ich lieber eine große Geburtstagsparty. :D

Liebe Grüße
Ceseena
 
Unser guter alter Schiller meinte mal: Veränderungen sind nur das Salz des Vergnügens.

Im Laufe der Jahre konnte ich feststellen - er hat recht.

Doch diese guten, langjährigen, liebevollen Beziehungen zwischen alten Leuten kenne ich auch. Wird immer seltener. Was mir dabei jedoch auffiel, daß einer ohne den anderen nicht mehr kann. Also Abhängig im größten Ausmaß.

Genau nicht von allem zu sehr einnehmen lassen. In kleinen Schritten gehen halte ich auch für richtig, will man nen großen Schritt/Sprung machen, muß man doch immer erst einige Schritte zurückgehen.

Viel Spaß bei den Hochzeiten, gibts ja immer lecker essen.

Gruß Aroha
 
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Schönen guten Morgen! :)

Ceseena schrieb:
was mich gerade sehr berührt ist das mit dem Tod der Eltern, denn genau die gleiche Situation erlebe ich gerade als "Zuschauer" bei meiner Freundin.

Ich hab oft versucht, mir das, zum besseren Reinfühlen-Können in seine Situation, vorzustellen, wie ich empfinden würde, wenn meine Eltern gestorben wären, was das bei mir für Veränderungen auslösen würde.

In einem Punkt konnte ich meinen Ex-Mann verstehen: Man ist irgendwie die "Spitze des Berges", darüber gibt es keine ältere Generation mehr. Meine Eltern sind nicht mehr "da", ich bin nun wirklich KEIN KIND mehr, sondern erwachsen (auch wenn ich das natürlich schon vorher war - aber die Emotion, kein Kind mehr zu sein wird auf einmal bewusst).

Bei meinem Ex war das so, dass er glaubte, nun die alleinige Verantwortung für die Familie tragen zu müssen, als oberstes Familienoberhaupt sozusagen. Er versuchte ab diesem Zeitpunkt krampfhaft, den Kindern "beste Manieren" beizubringen, aus ihnen "wertvolle Mitglieder der Gesellschaft" zu machen etc. Es war grauenvoll. Er wollte unbedingt die Verantwortung übernehmen, war auf der anderen Seite total damit überfordert (eh klar, die Kinder haben ihm was gepfiffen....) und weil er weder bei den Kindern noch bei mir damit Erfolg hatte und sich nicht "durchsetzen" konnte, begann er damit, ununterbrochen (stimmt wirklich) auf uns einzureden, uns zu maßregeln, zu kontrollieren (ich durfte nicht mal mehr aufs Klo gehen, ohne vorher die voraussichtliche Dauer in Minuten anzugeben, mein Handy wurde pausenlos kontrolliert, die Nachbarn flüchteten aus ihren Gärten sofort in ihr Haus, wenn er den Garten betrat (weil sie sein ständiges Geschimpfe mit den Kindern nicht mehr hören konnten). Es war ein Jammer und irgendwann hatte ich das Gefühl, das jetzt Schluss war, es war genug.

So, jetzt bin ich vom Thema abgekommen. Ich wollte damit sagen, dass der Tod unserer Eltern sicher unheimlich viel bei uns auslöst, Ängste, Verlassensein, Schuldgefühle... und noch vieles mehr.

Und ich glaube, es ist in einer Partnerschaft enorm schwierig, auch wenn man sich relativ ehrlich in die Problematik des anderen reinversetzen möchte, diese Umstellung von "Ich bin Kind meiner Eltern" auf "ich bin alleine-erwachsen" gut über die Bühne zu bringen.

Dass in Deinem Bekanntenkreis so viele Menschen zueinander finden - das ist doch schön!!! Rein statistisch betrachtet ist damit die Welt doch wieder in Ordnung! :schaukel:

Liebe Grüße
Reinfriede
 
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