Kater als Vorbild

Bright

Well-Known Member
Registriert
5 Februar 2011
Beiträge
65
Die Überschrift klingt komisch, zugegeben. Aber vielleicht interessiert euch der Gedanke dahinter? Daher schreibe ich einfach mal.

Als Mensch kennt vielleicht jemand von euch hier die üblichen Selbstkritiken: ich bin zu hässlich, zu dick, zu dünn, zu dumm, zu irgendetwas, um überhaupt ernst genommen zu werden, geliebt zu werden, Erfolg zu haben ect. ect. ect. Natürlich bin ich von solchen Selbstkritiken/Selbstzweifeln nicht frei, sonst kämen mir ja die Gedanken für dieses Post nicht :)

Vor knapp 1 Jahr tauchte bei uns ein Kater auf. Ein herunter gekommener Streuner. Abgemagert, so hässlich, so abgemagert, so milbenverseucht, dass ich mir jedes Mal, wenn ich ihn anfasste, später die Hände desinfizierte. Und das hat bei mir schon einiges zu sagen.

Der Kater ist hässlich. Er ist weiß mit getiegert. Seine Flecken sind wahllos auf dem Körper verteilt. Seine gemusterten Pfoten sehen ständig aus, als seien sie dreckig. Sein Schwanz ist dünn und zerrupft. Er hat zerrissene Ohren. Hinten kann er die Krallen nicht einziehen, er läuft komisch.

Als er uns fand, war er noch unterernährt, das Fell struppig, sein Kopf zu groß für seinen ausgemergelten Körper ...........................

Trotz all dem, er wusste, was er wollte ........... bei uns einziehen. Das ganze mit einer Selbstverständlichkeit, einem Selbstbewusstsein ............. ich will da wohnen und ich bekomme meinen Willen. Natürlich setzte Kater seinen Willen durch.

Er lebt nun seit 1 Jahr bei uns. Leider stellte sich heraus, dass er FIV hat. Ihm mussten sämtliche Zähne gezogen werden, sein Maul steht nun schief, was ihn nun auch nicht hübscher werden lässt. :) Dafür ist er nun aber wohlgenährt, sein Fell schön und glänzend, seine Augen ohne vorgefallene Nickhaut.

Schön ist er immer noch nicht. Es gibt Tage, da geht es ihm dreckig. 2 x wäre er uns fast unter den Händen weg gestorben.

Trotzdem, er weiß immer noch, was er will. Und was er will, setzt er mit seinem Dickkopf durch. Wir ihn nicht haben wollen? weil er hässlich und krank ist? Vergesst diesen Gedanken SOFORT!

Dieser Kater hat sich seinen Weg in unser Herz getrampelt, obwohl das Zusammenleben mit ihm nicht einfach ist. Ganz einfach, weil es in seinem Verständnis der Welt gar nicht anders ging, als das er zu uns gehört. Er weiß auch nicht, dass er todkrank ist. Das er wahrscheinlich das nächste Jahr nicht mehr leben wird. Ob das ein Geschenk ist? Ich weiß es nicht.

Auf alle Fälle, und das ist der Gedanke für dieses Geschreibsel, frage ich mich, ob wir uns zu viel Kopf darum machen, wer wir sind, wie wir wirken, wie wir aussehen statt einfach nur zu sein, wie es der Kater macht. Wäre er ein Mensch, wäre er auf der Verliererstraße, garantiert, weil er sich zu viele Gedanken machte und sich selbst ins Aus bootete.

Da er frei ist von dergleichen Gedanken, widmet er sich mit der Selbstverständlichkeit eines Bolldozers seinen Zielen: ich will diese Menschen, ich will da leben, ich weiß dass die mich umsorgen werden, dass die meine Menschen sind.

Stehen wir uns teilweise selbst im Wege? Ich bin nicht gut genug für dies und das? Ich bin hässlich, daher kann ich das nicht tun? Ich bin dick, daher kann ich jenes nicht tragen?

Seit 1 Jahr beobachte ich diesen Kater und weiß, ich beneide ihn um sein Selbstbewusstsein und sein Selbstverständnis, egal, wie er aussieht, wie er sich fühlt, er bekommt SEINEN WILLEN. Selbstzweifel, wie wir sie an seiner Stelle als hässliche, kranke Kreatur sie hätten? Kennt er nicht. Vielleicht kann ich etwas davon lernen?
 
Werbung:
Nun Bright Jeder konzentriert sich auf dass was er meint was gut zu ihm ist gell Ich habe genug Selbstbewusstsein um meine Zb Firmen gut zu führen usw Jedes Lebewesen ist selbstbewusst kommt nur drauf an wie es damit umgeht .
 
Liebe Bright!

Interessante, berührende Geschichte, die Du uns hier erzählt hast. Interessant finde ich auch Deine Assoziationen - meine sind ganz anders.

Ich würde das Verhalten des Katers als Selbsterhaltungstrieb interpretieren - er kann nur bei Euch sein, weil er sonst nicht überleben würde, er brauchte Hilfe und mit der Verzweiflung, die nur ein Wesen haben kann, das anders nicht mehr überleben kann, setzt er sich durch.

Ich würde mir denken, er war irgendwo mal eine Hauskatze und kennt es nicht anders, als dass er sich ein Zuhause sucht, dem er dann absolut treu ist und von dort nicht mehr weggeht, ein Muster sozusagen.

Unsere jetzige Katze ist auch ein ausgesetztes, dürres, völlig heruntergekommenes, stinkendes Etwas gewesen, wir haben sie aufgepäppelt und eine wunderschöne, seidige Langhaarkatze ist aus ihr geworden. Würden wir sie rauswerfen, würde sie vor der Türe sitzenbleiben, weil wir sind ihr Zuhause.

Was wäre Euer Kater ohne Euch? Er könnte ohne Zähne nichtmal mehr mausen, er wäre dem Verhungerungstod geweiht.

Ich kenne den Kater nicht, vielleicht, wenn ich ihn kennen würde, dann könnte ich Deine Assoziationen hinsichtlich Selbstbewusstsein nachvollziehen. Nur nach dem, was ich gelesen habe, tu ich mir da schwer.

Und ich denke, auch im Katzenreich gibt es (für Katzen) schönere und weniger begehrenswerte Paar-Partner, das bestimmt dann wohl die Nase oder das Fell oder, oder....in Katzengesellschaft hätte er vielleicht keine guten Karten mehr, denn kranke Tiere werden dann oft gemieden von den anderen - oder sogar noch besonders gequält.

Nachdenkliche Grüße
Reinfriede
 
Werbung:
Liebe Bright,

Deine Interpretation dieser rührenden Katzengeschichte passt gut zu Deinem Nick, finde ich.
Ein überzeugtes Plädoyer für's Leben im Jetzt, und sinnbildlich für Vertrauen in die Menschen und für die Belohnung, die einen erwartet, wenn man Hilfe annehmen kann.
Schön übrigens, dass Ihr dem Kater noch eine gute Lebenszeit ermöglicht!

Reinfriedes Auslegung hat mich fast traurig gemacht, obwohl ich sie in ihrem Pragmatismus ebenso
nachvollziehen kann.

Auch Soraya kann ich beipflichten - es stimmt, dass unser innerer (und oft äußerer) Fokus bei den Menschen und Dingen ist, die uns gut tun.

Wäre mir der Kater wie geschildert zugelaufen, dann hätte ich es wahrscheinlich als "Auftrag von oben"
gesehen, mich zu kümmern - stellvertretend für die vielen guten Taten, zu denen wir im Grund fähig wären.

LG
Lucille
 
Zurück
Oben