Eine große Umarmung in elektronischer Form von mir an Benuna. Dafür, dass Du den ganzen Thread durchgelesen hast – und ein danke an alle, es möglich gemacht haben, dass mein Thread überhaupt bestehen bleibt und vorangeht – DANKE! Es tut so unglaublich gut ernstgemeinte, ehrliche Meinungen zu hören.
Es scheint mir, Benuna, dass Du Dich gut auskennst mit der Psychologie des Menschen. Du hast jedenfalls mein ganzes „Ich“ richtig analysiert. Sogar besser, als ich es hätte tun können. Als ich gestern Abend Dein Posting durchgelesen habe, musste ich ehrlich weinen, weil Du es so direkt und richtig getroffen hast.
Ich gehöre zu der Sorte, die die Vergangenheit weniger gut verkraftet. Ungefähr zweimal in der Woche habe ich einen Alptraum – einen Traum von früher. Ich wurde jahrelang vom Mann meiner Mutter (schreibe absichtlich nicht Stiefvater) sehr schlecht behandelt – und noch schlimmer ist, dass meine Mama immer zugeschaut hat und mich nie beschützt hat, deshalb hab ich jetzt so eine Wut - vielmehr Enttäuschung – auf sie. Ein großes Fragezeichen. Jetzt schreibt sie mir sms „wie geht´s euch? Was macht die kleine?“ warum hat sie sich früher nie gekümmert? Hatte immer das Gefühl, ich würde nur stören und halt „dabei“ sein, nicht mehr. Mein Partner muss mich immer wecken wenn ich schlecht träume und fragt dann immer „ich versteh das nicht, ist doch schon so lange her, du hast doch gar nichts mehr mit dem zu tun!“
Richtig, ich habe kein Selbstwertgefühl. Weil ich mich auch nicht gut verhalte meinem Partner gegenüber. Das erste Jahr mit der Kleinen war toll da dachte ich Mensch, ich bin auch was wert – aber jetzt scheint es mir als hätte mich die Vergangenheit eingeholt.
Und richtig, ich muss um seine Anerkennung kämpfen. Überlege, soll ich einen Wein kaufen, damit er mich mal lobt? Soll ich sein Lieblingsessen kochen, damit er wieder „lieb“ zu mir ist?
Du schreibst, ich definiere mich über meinen Partner, und fühle mich nur dann als etwas wert, wenn ich Bestätigung erhalte, die mir jedoch nie genug ist. Das ist so wahr! Leider! Es ist wirklich genau so, wie Du es beschrieben hast, Benua! Ist das nicht armselig?
Würde bei einem anderen alles wieder von vorne beginnen – das wäre echt ein Teufelskreis.
Ich möchte wissen: Passen wir zusammen, oder passe ich mit meinem Partner einfach nicht zusammen, oder liegt es einfach nur an meiner Einstellung? Sprich: Liegt es an der Partnerschaft, die ich ändern muss, oder an mir selber?
Ja, ein Mann, der mich beschützt, mir Geborgenheit, Liebe gibt, mein Selbstwertgefühl aufbaut mir Sicherheit und Erfüllung gibt, das wünsche ich mir. Das brauche ich. Ich fühle mich sonst so kaputt. Ja, kaputt, müde, schwach, alleine, nichts wert.
Meine Therapeutin fragt mich jede Woche „und, wie geht´s ?“ dann sag ich immer das gleiche… ich weiß, das Therapeuten nicht direkt die Meinung sagen dürfen, sondern die Patienten in die Richtung bringen, mit Gesprächen, so lange, bis sie selber auf die Antwort kommen.
Aber ich kann sie einfach nicht durchschauen. Ein bisschen schon – sie meint, ich soll mehr das machen, was ich möchte, und meinen Partner, wenn er mal wieder meckert, einfach in Ruhe lassen und mein eigenes Ding machen. Aber ich möchte so nicht leben, er macht das und ich mache das. „Lassen Sie ihn einfach“. Ich will ihn aber nicht lassen, ich will mich doch auf ihn freuen können, wenn er nach Hause kommt. So sollte das doch sein, oder? Sie meint auch, dass sie keine Befürchtung hat, ich würde mit dem neuen nicht klarkommen, sondern, dass ich wieder an die Wand renne, wegen meiner Einstellung. Also ähnlich dem, was Du schon geschrieben hast. Welche Therapieart das genau ist, werde ich sie nächstes Mal fragen und Dir dann schreiben. Ich habe sie anfangs schon mal gefragt, bekam dann aber keine genaue Antwort sondern einige Sätze…. Therapeuten-Gerede, das war gut, aber nicht informativ in Bezug auf meiner Frage. Sie jedenfalls ist Therapeutin für „Psychoanalyse, Verhaltenstherapie“.
Deine Frage, warum ich unbedingt ein Kind haben wollte – nun, um eine Familie zu haben. Um etwas zu haben, was mich mit ihm verbindet. Um allen zeigen zu können „seht her, wir gehören zusammen!“ Nun weiß ich, dass man dafür kein Kind bekommen braucht – damals hat es sich so richtig angefühlt für mich. Diese Gefühle hatte ich, als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin. Wisst ihr, ich glaube an Schicksal, und ich bin überzeugt, dass es für irgendetwas gut war, dass ich so bald schwanger wurde – wenn auch anfangs nicht für ihn.
Hab ich euch erzählt, dass er sich nach fast 10 Jahren Beziehung getrennt hat, als er mich kennengelernt hat? Es war schon am krieseln, getrennte Zimmer und so, aber ich will hier nichts schönreden - Ich fühle mich verpflichtet, mit ihm zusammen zu sein, sonst hat er das umsonst gemacht – hätte es vielleicht auch so, das sagt er selber, aber ich fühle mich so geehrt – bestätigt – dass er sich für mich entschieden hat. Durch das Kind noch mehr. Und was mach ich? Alles kaputt. Wieder mal ist alles kaputt.
Zum Schluss ist mir noch eine Sache ganz wichtig:
Ich möchte nicht, dass mich die Vergangenheit wie ein dunkler Schatten begleitet. Ich möchte nicht die Fehler meiner Mutter ausbügeln, denn das Gefühl habe ich. Nur, weil ich vernachlässigt wurde und mich nie gelernt habe, zu wehren, bin ich jetzt eine verlorene, kaputte, zerbrechliche Seele? Clara schreibt oben ich komme ihr nicht schwach vor – alle denken das, jeder sagt ich hab gutes Selbstbewusstsein – die Leute verwechseln das nur alle leider mit guten Umgangsformen.
Ich kann gut mit Leuten kommunizieren, bin nie gerne alleine, fühle mich in Gesellschaft immer am wohlsten, und meine Umgangsformen sind wirklich gut, schüchtern bin ich nur anfangs, ich komme schnell mit Leuten in´s Gespräch. Trotzdem – ich möchte nicht, dass ich der Mensch bin, der ich jetzt bin, nur weil meine Mutter damals den Typen geheiratet hat und zugeschaut hat, wie er meiner kleinen Schwester und mir weh getan hat. Welcher Mensch wäre ich heute, wäre das alles nicht passiert?
Momentan stelle ich sogar meine erste Beziehung in Frage, meinen ersten Freund mit 17 – ich merkte er wollte was von mir, nicht umgekehrt, trotzdem bin ich mit ihm zusammengekommen und das hielt 5 Jahre – endlich war da jemand, der mich da raus geholt hat, mit dem ich zusammenziehen konnte usw…. die ganzen Bausteine im Leben setzen sich zusammen und man merkt erst rückblickend, für was alles gut war oder erkennt den Sinn später. Ich möchte ein guter Mensch sein, andern Leuten guttun. Das will ich wirklich, an erster Stelle. Ich will Geben, will gut sein für die Welt - aber ich mach nur Probleme und Ärger und Sorgen. Ich komm da nicht raus!